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 der an seinem Platze weilt, und alle Sterne neigen sich vor ihm.  
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 Reich der Mitte, das alte China

China gilt von je her zu den ältesten Kulturen und Zivilisationen der Menschheitsgeschichte. So kultivierten seit dem 10. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung die sesshaft gewordenen Menschen entlang des Gelben Flusses und des Jangtsekiangs Reis, bauten Hirse an, züchteten Schweine und Hühner für die Nahrung und Wasserbüffel, die als Zugtiere dienten. Außerdem stellten sie erste (Bunt-) Keramik her. (1)

Bildquelle 1: Yangshao-Kultur. Seit 10 000 v.u.Z. siedelten sich Menschen im alten China an Flüssen an. So entstand die chinesische Kultur und Zivilisation an vielen verschiedenen Orten, bis sich vor der Jahrtausendwende zu den Jahrhunderten unserer Zeitrechnung bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ein einheitliches streng zentralisiertes Kaiserreich herausbildete.

Nach Angaben des als Brückenbauer zwischen Europa und dem Reich der Mitte berühmt gewordenen Sinologen Richard Wilhelm ragte die älteste überlieferte Dynastie – Hia (auch Xia)-Dynastie (2 200–1 600 v.u.Z.) in die neuere Steinzeit hinein, während die auf sie folgende Shang-Dynastie, auch Yin-Dynastie für die zweite Periode genannt, bis 1046 v.u.Z die ältere Bronzezeit repräsentieren dürfte. (2) Die bei Ausgrabungen in der Nähe der früheren altchinesischen ReichshauptstadtLuoyang in der Provinz Honan (Henan) in den 1920er Jahren gefundenen, zu Orakelzwecken beschriebenen Knochen zeugen von einer, der späteren chinesischen Schreibweise gegenüber archaischen Schrift, deren Formen beweisen, dass die Schrift in China seit der Dschou (Zhou)-Dynastie schon eine sehr lange Zeit der Entwicklung hinter sich hatte. (3)

 
Bildquelle 2: Die neolithische Hemudu-Kultur bestand ab etwa 7000 v.u.Z. und hatte ihre Blütezeit von etwa 5200 bis 4500 v.u.Z. Andere Quellen datieren die Hemudu-Kultur auf den Zeitraum von rund 5050 bis 3350 v.u.Z.   Bildquelle 3: Orakel-Schriftzeichen (auch Knochenpanzerschrift) auf einem Schildkrötenpanzer aus Yinxu während der Shang-Dynastie 1600 – 1000 v.u.Z. entstanden als erste Zeugnisse chinesischer Schrift

Die Gelehrten stritten aber lange Zeit, ob in China bis zum Beginn des von einem Kaiser straff zentralistisch geführten Reiches ab der Qin oder auch Ch`in-Han-Zeit (221 v. u. Z.) feudale oder schon sehr frühzeitig, dafür jedoch umso langlebigere orientalisch despotische Strukturen vorherrschten. So beschrieb der schon erwähnte Richard Wilhelm 1929 die Zeit des Wirkens der großen Begründer der chinesischen Philosophie Kung Kiu (Konfuzius) und Lao Dan (Laotse) an der Wende des 6. zum 5. Jahrhundert v.u.Z. als eine „des Übergang des alten Feudalstaates in ein System von rivalisierenden, zeitweise unter der Hegemonie mächtiger Territorialstaaten zusammengefassten, später sich allgemein bekämpfenden Großmächten, zwischen denen die kleinen Staaten allmählich zerrieben werden“ und kennzeichnete die auf die Shang-Dynastie folgende Dschou (Zhou)-Dynastie als ein auf der Grundlage eines patriarchalisch verfassten Feudalstaates bestehendes Herrschaftssystem. (4)

Der niederländische Altertumsforscher, Sinologe und Spezialist für die auf die Zhou-Dynastie folgende Han-Dynastie Professor Anthony François Paulus Hulsewé schrieb beispielsweise 1962, dass sich „erst 221 v. Chr. dieses Kulturgebiet zu einem Einheitsstaat unter einem souveränen Herrscher“ mit einem neuen Titel, (zumeist mit Kaiser übersetzt), entwickelt hatte, (5) das in früherer Zeit typisch feudale Züge aufwies: „einen Erbadel, vom Großkönig oder vom Lokalherrscher belehnt oder mit Unterlehen oder Pfründen ausgestattet, auf der einen, eine an die Scholle gebundene, unfreie Bauernschaft auf der anderen Seite.“(6)

Etwas mehr als einhundert Jahre vorher hatte der Begründer des „wissenschaftlichen Sozialismus“ und Weiterentwickler der Hegelschen Theorie über die gesetzmäßige Abfolge von Gesellschaftsformationen Karl Marx die indische und chinesischen frühen Gesellschaften als asiatische Produktionsweisen charakterisiert, „weil die unbedingte Notwendigkeit einer sparsamen und gemeinschaftlichen Verwendung des Wassers, die im Okzident, z.B. in Flandern und Italien, zu freiwilligem Zusammenschluss privater Unternehmungen führte, im Orient, wo die Zivilisation zu niedrig und die territoriale Ausdehnung zu groß war, um freiwillige Assoziationen ins Leben zu rufen, das Eingreifen einer zentralisierenden Staatsgewalt erforderlich machte. Hierdurch wurde allen asiatischen Regierungen eine ökonomische Funktion zugewiesen, die Funktion, für öffentliche Arbeiten zu sorgen.“ (7)

Bildquelle 4: Asiatische Produktionsweise. Ein Überschuss in der Produktion machte sie möglich. Die Wirtschaft orientierte sich nicht an einem Markt, da der Boden weiterhin Gemeindeeigentum blieb, bzw. Eigentum des beispielsweise in China ab 221 v.u.Z. in Gestalt des Gott-Kaisertums bestehenden Staates als der oberen Gemeinde. Der Kaiser hielt mit seiner Beamtenschaft eine solche Gesellschaft zusammen, bildete gewissermaßen eine herrschende Klasse. Die Zentralisierung und Anhäufung von Mehrwerts in Staatshänden (obere Gemeinde) ermöglichte die Entwicklung der Städte, wobei der Handel nicht das marktgerichtete Innenleben privater Einzelhändler in den Städten bestimmte, sondern unter staatlich monopolisierter Kontrolle von staatsbeamteten Händlern betrieben wurde. Die Ausbeutung der Bauern und Handwerker durch Adlige und Staatsbeamte erfolgte nicht individuell, sondern durch kollektiv abzuleistende Frondienste und mittels von Staatsbeamten eingetriebener Bodennutzungsmiete und Bodenproduktsteuern. Die Mehrheit der Bauern blieben als Mitglieder der zumeist unteren Gemeinden zwar an dem Boden gebundene, aber Teilbesitzer desselben. Mit der Zeit und Entwicklung ging das vorher im Besitz der unteren Gemeinden befindliche Mehrprodukt in die Hände der oberen Gemeinde (Kaiser, Staat) über. Durch das ursprüngliche Nichtvorhandensein und spätere Wiederverschwinden von Privateigentum an Grund und Boden konnte keine Sklaverei entstehen, weil der Staatsreichtum durch zumeist kollektive Fronarbeit und Steuern und Abgaben der Bauern und Handwerker entstand.

Die dörflichen Gemeinden in China fußten dagegen laut Marx in den frühen asiatischen Produktionsweisen auf dem Gemeineigentum, „…in dem die wirklichen Gemeinden nur als erbliche Besitzer (nicht als private Eigentümer – der Verf.) auftraten, aber die zusammenfassende Einheit, die über allen diesen kleinen Gemeinwesen stand, als der höhere Eigentümer oder als der einzige Eigentümer erschien, die im Despoten realisiert war als dem Vater der vielen Gemeinwesen.“ (8) Dieser „Vater“ handelte zugleich als Hauptbesitzer des erwirtschafteten Mehrprodukts mit dem Kaufmann. (9)

Darauf aufbauend stellte der ursprünglich kommunistische Historiker, Soziologe und Sinologe Karl August Wittfogel in der zweiten Hälfte der 1920er und in den späten 1930er Jahren Forschungen in China an, mit denen er versuchte, die Marxschen und Max Weberschen Ansätze zur asiatischen Produktionsweise weiterzuentwickeln. Nach ihm erlaubte die Bewässerungslandwirtschaft selbst bei den relativ gering entwickelten Produktivkräften im frühen China einen sehr ertragreichen Ackerbau. „In den Bewässerungsagrarzonen kann der Ackerbau mittels verhältnismäßig primitiver Geräte erfolgen – neben einfachem Pflug vorwiegend mittels der Hacke – denen freilich ein ganzes Arsenal oft sehr verfeinerter Bewässerungsvorrichtungen ergänzend zur Seite tritt.“ (10)

 
Bildquelle 5: Der Zheng-Guo-Kanal war ursprünglich Teil eines gegen seinen Rivalen Qin gerichteten Vorhabens des Königs des Staates Han Xuanhui (325–312 v.u.Z.). Die Ressourcen des Qin-Staates sollten durch dieses zivile Projekt langfristig gebunden werden. Die Qin konnten jedoch unter Leitung des Baumeisters Zheng Guo die Bauarbeiten 246 v.u.Z. erfolgreich abschließen, und die Bewässerung von vielen tausend Quadratkilometern zusätzlichen Ackerlandes lieferte dem Königreich ausreichend Mittel, sein bereits gewaltiges Heer weiter zu vergrößern. Der Kanal sollte das Wasser des Flusses Jing Shui von Zhongshan aus (im heutigen Kreis Jingyang in der Provinz Shaanxi) über 150 km westwärts zum Luo-Fluss bringen und so die trockene Zentral-Shaanxi-Ebene auch Guanzhong-Ebene) mit ausreichend Wasser versorgen, weswegen heute noch das den Zheng-Guo-Kanal umgebende Land fruchtbare Ernten ermöglicht. Zusammen mit dem zwischen dem 223 v.u.Z. begonnenen und erst im 1. Jahrhundert fertiggestellten Magischen Kanal (Lingqu) , der die zwei entgegengesetzt fließenden Flüsse, den vom Haiyangshan aus nordwärts fließenden Xiang Jiang und den südwärts fließenden Li Jiang, verbindet und einen ununterbrochenen Transportweg vom Jangtsekiang über den Xiang, Li und den Westfluss bis zum heutigen Kanton schuf, gehört der Zheng-Guo-Kanal zu den drei bedeutendsten Baudenkmälern der beginnenden zentralistischen Kaiserzeit. Das nebenan unter der Bildquelle 6 beschriebene Dujiangyan-Bewässerungssystem bildet das dritte auch in der heutigen Zeit noch genutzte und vor allem noch gut funktionierende künstliche und zudem noch als Weltkulturerbe international anerkannte Flussregulierungsprojekt.
 

Bildquelle 6: Das Dujiangyan-Bewässerungssystem wurde ursprünglich von 256 - 251 v.u.Z. vom Staat Qin unter dem Verwalter LiBing und seinem Sohn als ein Wasser Erhaltungs- und Hochwasserschutzprojekt in der Nähe der Stadt Dujiangyan an der Stelle angelegt, wo sich der Min-Fluss aus dem Hügelland in die Ebene von Chengdu ergießt. Dieses Stauwehrsystem kontrolliert seit 2.300 Jahren den Fluss Min und zweigt große Wassermengen zur Bewässerung des Roten Beckens ab. 2006 wurden es durch die neue Zipingpu-Talsperre ergänzt. Sie besteht aus einem so genannten Fischmaul, einem Flugsandwehr und einem kostbaren Flaschenhals. Das Fischmaul teilt als flacher Deich den Fluss Min der Länge nach in einen inneren und äußeren Strom. Auf dem Fischmaul befindet sich, etwas zurückgesetzt, ein höherer Deich. Während der äußere, westlich gelegene Strom als Min weiterfließt, dient der innere, östlich gelegene als Quelle für das abzuleitende Wasser. Seine Form sorgt für eine saisonal verschiedene Verteilung der Wassermassen. So fließen im wasserarmen Frühjahr 40 % des Wassers in den äußeren und 60 % in den inneren Strom; bei Hochwasser kommt es zur Überschwemmung des Fischmauls und die Aufteilungsverhältnisse kehren sich um. Die Konstruktion sorgt für ein Ableiten des Tiefenwassers mit dem Hauptanteil an Sand und Schwebeteilchen in den äußeren Strom, während das klarere Oberflächenwasser in den inneren Kanal gelangt. Eine 710 m abwärts gelegene und 240 m breite Öffnung im Deich sorgt als Überlauf für die Kontrolle der Wassermenge im inneren Strom. So kann bei Hochwasser der Wasserüberschuss bei gleichzeitigem Ausschwemmen der Steine und des Sandes durch das Flugsandwehr in den äußeren Strom abfließen, was ein Verschlammen des inneren Stroms verhindert. Der 120 m vom Auslass des Flugsandwehrs entfernte knapp 30 m breite, 20 m hohe und 36 m lange kostbare Flaschenhals zweigt als künstlicher Einschnitt in die Bergflanke des Yulei Shan das dem natürlichen Gefälle folgende fließende Wasser in Kanäle nach Südosten ab und bewässert die Ebene von Chengdu.

 

Der Sowjetführer Stalin ließ Anfang der 1930er Jahre die Diskussion über eine gesonderte Gesellschaftsformation „asiatische Produktionsweise“ in der Sowjetunion und innerhalb der kommunistischen Bewegung unterbinden, weil sich Parallelen zum sowjetbolschewistischen Versuch geradezu aufdrängten, das vorwiegend wirtschaftlich unterentwickelte Russland nach dem Oktober 1917 mittels einer straff diktatorisch geführten Zentralverwaltungswirtschaft und einer entsprechenden Parteibürokratie (Nomenklatura) zu industrialisieren. Von da ab galt mindestens für marxistisch/leninistische Forscher und Ideologen uneingeschränkt auch für China das Formations-Schema – Urgesellschaft oder auch Urkommunismus, Sklaverei, Feudalismus, Kapitalismus und schließlich als Krönung Sozialismus/Kommunismus.

Im tiefsten Kalten Krieg Ende der 1950er Jahre bekam der Streit um die asiatische Produktionsweise neue Nahrung durch das 1957 erschienene Wittfogelsche Hauptwerk „Die orientalische Despotie“. Der 1933 in die Fänge der Nazis geratene, dann jedoch 1934 aus dem KZ freigelassene und über England in die USA emigrierte Wittfogel hatte nach dem Hitler-Stalin Pakt vom August 1939 mit der KPD gebrochen und den Kommunismus als mörderischen Versuch gekennzeichnet, die orientalische Despotie zu modernisieren.(11) In seinem Buch zog er damit genau die einst von Stalin gefürchtete Parallele, in dem er die von ihm herausgearbeiteten Wesensmerkmale der asiatischen Produktions- und Herrschaftsweise auf die gesellschaftlichen Entwicklungen in der Sowjetunion übertrug.

Dagegen bestätigte der Hallenser Althistoriker und vorderasiatische Archäologe Professor Burchardt Brentjes Anfang der 1970er Jahre die Forschungsergebnisse Hulsewés vom Anfang der 1960er Jahre zu den feudalen Strukturen Chinas in der Zeit vor dem zentralistisch geführten kaiserlichen Einheitsstaat. Der DDR Altorientalist beschrieb, wie nach dem Zusammenschluss von Tibetanern und Türken in Schensi im Weital im 11. Jahrhundert v.u.Z. zu einem ersten Staat der zweite chinesische König Wu-Wang einen Herzog Chou oder auch Zhou aussandte, um die Shang-Dynastie zu unterwerfen. Und dass in den folgenden Jahrhunderten neben der alten westlichen Hauptstadt der Zhou-DynastieHsi-an-fu die östliche Metropole Luoyang nicht zuletzt deswegen an Bedeutung gewann, weil dort immer mehr Shanghandwerker um- und angesiedelt wurden. Nach Brentjes teilten die Sieger das Reich in Militärlehen, wobei die an den Boden gebundenen und zu den autarken Gütern gehörenden Bauern weiterhin das Land bestellten. Schließlich konstatierte er, dass die allmähliche Umwandlung und Konzentration des Landbesitzes in der Hand großer Fürstengeschlechter das Reich an den Rand des Abgrunds führte. Hier charakterisierte ein profunder Kenner der Alten Geschichte deutlich eine frühe feudale Struktur. (12)

In der knapp zwanzig Jahre später von Roger Goepper in München bei Bertelsmann herausgegebenen Forschungsarbeit: „Das alte China“ stellten die Autoren die West-Zhou-Dynastie. (1100-770 v.u.Z.) sogar als das eigentliche feudale Zeitalter der chinesischen Geschichte heraus, weil sich in dieser Zeit alle politischen Voraussetzungen herausgebildet hatten, um begrenzte Souveränität durch den Herrscher an unterstellte Territorialgewalten (Lehnsherren) weiterzugeben. Aber schon in der folgenden Chunqiu-Periode (770 - 476 v.u.Z.), auch Zeit der Frühlings- und Herbstannalen genannt, verlagerte sich das Gewicht vom Lehnsherrn auf die Vasallen, was antifeudale zentralistische Tendenzen verstärkte. Die Zentralregierungen hatten zunehmend versucht, durch Ermöglichung von privater Nutzung des Bodens durch die Bauern und durch Einführung einer Naturalrente eine Stärkung der Einkünfte des Staates zu bewirken und die Lehen in Pfründe umzuwandeln. Besonders im südlichen Chou (Zhou)-Staat wurden am Ende des 7. Jahrhundert v.u.Z. administrative Einheiten mit der heute noch gebräuchlichen Bezeichnung Xian geschaffen, deren Verwalter der Herrscher direkt ernannte und deren Ämter nicht immer erblich waren.

In den zwei Jahrhunderten vor dem Entstehen des fast zweitausendjährigen zentralistischen Kaiserreiches, der Zhanguo-Zeit (475 v.u.Z. bis 221 v.u.Z.), machte China als schon längere Zeit bedeutendes Mitglied eines west-, südasiatischen und sibirischen (Pazyryk) Fernhandelssystems einen weiteren beachtlichen Entwicklungssprung. Es wuchs sogar teilweise schon aus den feudalen Strukturen heraus und erlebte eine frühe Hochzeit des kleinen, mittleren und sogar großen Unternehmertums – eine Art gewisse frühe Kapitalanhäufung, die Marx im europäischen Kontext „ursprüngliche Akkumulation des Kapitals“ nennen sollte. Einerseits konnten chinesische Unternehmer in dieser Entwicklungsperiode vielfach und vielerorts erfolgreich ihre Abhängigkeit von der Feudalaristokratie abschütteln. Andererseits unterlagen sie noch nicht vollständig der später zentralistisch ausgeübten (kaiserlich) staatlichen Kontrolle, die nach der Konfuzianisierung im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung sogar in eine gewisse von den Herrschern und ihren höheren Beamten öffentlich zur Schau gestellten Geringschätzung mündete. Dagegen halfen, wenn überhaupt, nur die Macht des Faktischen des wirtschaftlichen Erfolgs und ein möglichst enges Bündnis mit den übrigen Herrschaftseliten. (13) So überlieferten der Schreiber Sima Qian in dem wichtigsten Werk altchinesischer Geschichtsschreibung, dem „Shiji“(14), und Ban Guis in dem „Hanshu“ (15) unbefangene Darstellungen von Unternehmern.

 
Bildquelle 7 : Sima Qian Verfasser des frühesten (annalistischen) Geschichtswerks Shiji (109 bis 91 v.u.Z.) (Familienname ist Sima). Er gibt einen ersten Überblick über mehr als zweitausend Jahre chinesischer Geschichte vom legendären Gelben Kaiser bis zu Kaiser Wudi aus der Han-Dynastie und gilt als Begründer der chinesischen Geschichtsschreibung. Sima arbeite wie sein Vater Sima Tan als Hofastrologe am Hof von Chang'an und hatte somit Zugang zu allen kaiserlichen Archiven  
Bildquelle 8: Seite des in der frühen Han-Zeit verfassten Shiji in einem Druck von 1598. Einerseits enthält es chronologische Tabellen mit einer Synopse der wichtigen zentralen Ereignissen mit den Geschehnissen in den Königslehen und Hofämtern und Monografien zu Astronomie, Astrologie, kaiserlichen Opferzeremonien, Riten, Musik, Wirtschaft und Bewässerung, die Sima Qian wegen seiner großen Fachkenntnisse auf diesen Gebieten selber verfasste.

Das Shiji lobpreiste die Unternehmerfigur Bai Gui aus Zhou, der Gegend von Luoyang, als Vorfahren aller Geschäftsleute. Laut Shiji konnte Bai Gui das von ihm eingesetzte Kapital vor allem deshalb gewinnbringend verwerten, also vermehren, weil er niemals nachlässig handelte. Es folgte eine Charakteristik dieses Unternehmers, wie sie heutzutage in Lehrbüchern über modernes und vor allem nachhaltiges Unternehmertum ihres gleichen sucht. So steht dort: „Er vermochte es, wenig zu essen und zu trinken, seine Wünsche und Begierden zu beherrschen und an der Kleidung zu sparen. Mit seinem Gesinde teilte er Freude und Leid. Wenn er eine Gelegenheit sah, glich er einer wilden Bestie oder einem Raubvogel beim Fassen der Beute. Darum sagte er: „Wer nicht klug genug ist, um Veränderungen abzuschätzen, nicht kühn genug, um Entscheidungen zu fällen, nicht Menschlichkeit aufbringt bei Geschäften oder Beharrungsvermögen, der mag noch so sehr danach streben, meine Kunst zu erlernen, ich werde sie ihm nicht mitteilen“. (16) Sima Qian beschrieb ihn weiter als jemand, der mit Vergnügen die saisonalen und jährlichen Veränderungen der Natur genau studierte, um eben nicht, wie es sich eingebürgert hatte, die Kräfte der Natur bis zum letzten auszuschöpfen, sondern sie nachhaltig, also schonend zu nutzen. Bai Gui nahm demnach, was andere fortwarfen und gab weiter, was andere nahmen. Fiel die Ernte üppig aus, kaufte er Getreide und gab dafür Seide und Lacke, wenn Kokons auf den Markt geworfen wurden, kaufte er Rohseide und gab Nahrungsmittel dafür. Nach Guis Himmelsbeobachtungen gab es reiche Ernte, wenn der Taiyin (eine fiktive Position des Planeten Jupiter) im „Mao“ (Osten) stand, wobei die Ernte des nächsten Jahres spärlicher ausfallen würde. Dürre trat ein, wenn Taiyin „Wu“ /Süden) erreichte, aber die nächste Ernte versprach, schön zu werden. Erreichte Taiyin „You“, (Westen) stand eine gute Ernte an, im kommenden Jahr dagegen eine schlechtere. Durchquerte er den „Zi“ (Norden), bedeutete das große Dürre, worauf ein wasserreiches Jahr in Aussicht stand. Bei reicher Ernte lagerte Bai Gui darum das Doppelte ein, um in schlechter Zeit gewinnbringend handeln zu können.(17)

So sehr, wie schon im vorletzten Absatz erwähnt, der Zerfall der östlichen Zhou-Dynastie besonders in der Periode der Streitenden Reiche die Feudalisierung und wegen der zunehmende Schwäche der Zentralgewalten sogar frühe Formen des freien Unternehmertums begünstigte, umso mehr setzten die Bestrebungen einzelner Territorialherrscher nach Machtausdehnung, Vereinheitlichung und Schaffung eines zentralistisch gelenkten Großreiches solchen Entwicklungen wiederum Grenzen und brachten sie letztlich für lange Zeit fast gänzlich zum Erliegen. Am weitesten und erfolgreichsten auf diesem Wege voran schritt neben dem Chu-Staat der Qin-Staat unter dem Gong (Herzog) Xiao zwischen 361 und 338 v.u.Z. mit den von seinem Kanzler, einem Anhänger der Staatstheorie des Legalismus, Shang Yang vorangetriebenen tiefgreifenden Reformen. (18)

Ausgehend von dem Glaubenssatz grundlegender Gleichheit und eher schlechter charakterlicher Naturgegebenheit aller Menschen sollten schärfste Gesetze und strenge Strafen den Untertanen Ruhe und Ordnung geben. Shang Yang zerstörte die bis dahin vererbbaren oder erblich gewordenen feudalen Strukturen unterhalb der Herrscherebene und errichtete einen leistungsorientierten (meritokratischen) Beamtenstaat nach dem Vorbild einer hocheffizienten „Herrschaftsmaschine“ zum Zwecke der brutalen Unterdrückung aller Rivalen, Gesetzesbrecher einschließlich deren Angehöriger und sonstigen Widersacher. Nur diejenigen hatten hohe Ränge in Staat und Verwaltung zu erwarten, die auch eine entsprechende Leistung erbrachten. Darüber hinaus gerieten Bildung und Gelehrtentum ins Hintertreffen, weil es ums Durchsetzen einer straffen Führung der seit 325 v.u.Z. den Königstitel tragenden Qin Herrschaft und einer unbedingten Gefolgschaft der Untertanen ging.

Als besonders erfolgreich für den Aufstieg und die Expansion des Qin-Staates zum kaiserlichen Großreich erwiesen sich die Reformen des Shang Yang in der Armee. Bis dahin hatten Feudaladlige die Befehlsgewalt inne und leibeigene, oder an den Boden gebundene Bauern das kämpfende Fußvolk gebildet. Die Reformen eröffneten nun auch Männern aus allen Gesellschaftsschichten die Möglichkeit, in der Armee niedrige und höhere Offiziersränge zu erklimmen, sofern sie nur ausreichende Fähigkeiten und Talente besaßen. Die ebenfalls durch die Zerschlagung feudaler Zersplitterung möglich gewordene produktivere, manchmal sogar großflächige Landwirtschaft erlaubte den dauerhaften Unterhalt einer großen Streitmacht, mit deren Hilfe der Qin-Staat in den folgenden Jahrzehnten seinen Hauptrivalen Chu und die umliegenden Staaten annektieren und angliedern konnte, wodurch das Qin-Großreich unter dem Qin-König Zheng entstand.

 
Bildquelle 9: Der Berater des Herzogs Xiao des Qin Staates Shang Yang organisierte zwischen 361 -338 v.u.Z. tiefgreifende Reformen auf Grundlage der Philosophie des Legalismus in den Bereichen Landwirtschaft, Verwaltung und Wirtschaft   Bildequelle 10: Qin-König Zheng (*259 - +210 v.u.Z) als Qin Shihuangdi (221 – 210 v.u.Z.) erster erhabener Kaiser von China, der unter dem Kanzler Li Si (280 – 208 v.u.Z.) mit Hilfe einer kaiserlichen Bürokratie das bis 1912 fortbestehende, strikt zentralistisch geführte Einheitsreich begründete

Dieser Zheng markierte den Abschluss einer sozioökonomischen Entwicklung, die weg von feudalstrukturierter Zersplitterung in mehrere rivalisierende Königreiche und Fürstentümer und hin zu einem straff zentralistisch geführten Einheitsstaat führte. Zheng begründete als im Jahre 221 v.u.Z. zum erhabenen Kaiser Qin Shihuangdi gekrönter Herrscher das über zweitausend Jahre währende chinesische Kaiserreich. Sein wie schon 100 Jahre zuvor Shang Yang dem Legalismus, also dem Gesetz und seiner Kontrolle, anhängender Kanzler Si Li verwarf den Vorschlag seines Rivalen Wang Kuan, das Reich nach Vorbild der Zhou-Könige in Lehen aufzuteilen und diese Lehen an Verwandte des Kaisers zu vergeben und baute stattdessen die nicht vererbbare inzwischen kaiserliche Bürokratie weiter aus.

Anstelle der bis dahin üblichen Aufteilung des Landes in Königreiche und Lehen, schuf er über 36 Kommandanturen (jùn) mit jeweils einem dreiköpfigen Gremium bestehend aus einem Gouverneur, einem Militärkommandanten und einem kaiserlichen Inspektor an der Spitze und unterteilte sie in bis zu 1000 von Magistraten geleitete Kreise. Alle diese ebenfalls nicht vererbbaren und jederzeit abrufbaren Posten vergab die kaiserliche Zentralgewalt. Um die kaiserliche Zentralmacht jedoch sichern zu können, ließ er die herrschenden Familien der umliegenden Königreiche und Fürstentümer und deren Gefolge in die Hauptstadt Xianyang (vgl. Karte der Bildquelle 5) zwangsumsiedeln, wozu extra Kopien ihrer ehemaligen Paläste dort originalgetreu wieder aufgebaut wurden.(19) Die bisherigen aus Feudalabgaben herrührenden Einkünfte dieser etwa 10 000 Mitglieder starken Herrscherkaste ersetzte die kaiserliche Regierung durch direkte staatliche Gehälter, was die Abhängigkeit dieser Führungsklasse zur Zentralmacht dauerhaft gewährleistete. (20) Des Weiteren sorgte Si Li für die systematische Erfassung der Bevölkerung und Ländereien zu Besteuerungszwecken, für die Verwendung von einheitlichen Maßen, Gewichten und Normen, einer einheitlichen Schrift und Währung und ließ ein großes Straßennetz anlegen, Poststationen einrichten und Bewässerungskanäle graben sowie eine Mauer zum Schutz gegen die so genannten barbarischen Völker Innerasiens errichten. (21)

Dies alles bedeutete einen scharfen Bruch mit der Vergangenheit, den Beginn einer dauerhaften kaiserlichen Bürokratie und das Ende des Feudalismus. (22) Der alle Macht auf sich vereinende Kaiser konnte von da ab mit Hilfe seiner bürokratischen Verwaltung direkt über das gesamte Reich herrschen. Grundlage fürs Regieren bildeten, wie schon von Shang Yang im Qin-Staat einst eingeführt, Gesetze und ihre Kontrolle sowie eine unbeschränkte Machtkonzentration beim Kaiser, egal ob er sich als fähig oder unfähig erwies oder wie bürokratisch und drückend seine Staatsmacht wirkte. Bildung, Erziehung und Moral spielten eine untergeordnete Rolle, Bücherverbote und Bücherverbrennungen kamen vor. Umso mehr galten Lohn und Strafe. Unproduktive Gewerbe wie beispielsweise der Handel oder fast alle geistigen Tätigkeiten gerieten längerfristig in Misskredit und damit ins Hintertreffen.

Vor allem Letzteres hemmte die weitere Entfaltung von schon stattgefundenen Frühformen der ursprünglichen Anhäufung von Kapital. Obwohl der geistes- und handelsfeindliche Legalismus bis zum Ende des Kaiserreiches Staatsdoktrin blieb, schwächte ihn der Siegeszug des auf alle Fälle geistfreundlicheren Konfuzianismus am Beginn des ersten nachchristlichen Jahrtausends zur Staatsphilosophie bis -religion soweit ab, dass er weiteren Fortschritten in der Entwicklung der Produktivkräfte für die folgenden Jahrhunderte nicht im Wege stand. Nicht die originale Lehre des Konfuzius, sondern ihre Verschlimmbesserung durch seine Jünger zu einem -ismus hatten eine Synthese von Konfuzianismus und Legalismus durch den Gelehrten und Zeitgenossen des Si Li namens Xunzi ermöglicht. (23)

Die Kultur- und Produktivkraftentwicklung in China wies während der tausend Jahre der Herausbildung einer westmitteleuropäisch abendländischen Kultur- und Staatenwelt, also zwischen der Entstehung des Merowingerreiches um 500 u.Z. und der Reformation am Beginn des 16. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation eine große Überlegenheit in fast allen Bereichen auf. Am deutlichsten zeigte sich der Vorsprung auf wissenschaftlich technischem Gebiet. So zeichnete erstmalig eine altchinesische Sternkarte eine Sonnenfinsternis im Jahre 2137 v.u.Z. auf. (24) Ein Magnetkompass stammt aus der Zeit der Streitenden Reiche zwischen 475 und 221 v.u.Z. (25) Obwohl Papierfunde aus dem Jahre 140 v.u.Z. Raum für Spekulationen über eine noch frühere Papierherstellung in China zulassen, gilt ein Beamter der Behörde für Fertigung von Instrumenten und Waffen am Kaiserhof Ts´ai Lun als Erfinder des Papiers, weil er um 105 u.Z. über das schon bekannte Verfahren zur Papierherstellung ein überliefertes Zeugnis abgelegt hatte. (26)

 
Bildquelle 11: Altchinesische Sternkarte. Diese altchinesischen Chroniken gelten noch heute als zuverlässig und relativ vollständig – auch weil die Beamten für ihre Ergebnisse mit dem Leben bürgten. So sollen der Legende nach die Astronomen Xi und He wegen der versäumten Vorhersage der Sonnenfinsternis vom 3. Oktober 2137 v.u.Z. enthauptet worden sein. Ab der Zeitenwende hatten Astronomen u. a. Sonnenflecken beobachtet, was mit bloßem Auge bei Sonnenauf- und Untergang möglich , sowie Novae und Supernovae, auch Gaststerne genannt, oder bereits 613 v.u.Z. den Kometen Halley   Bildquelle 12: Das Diamant Sutra soll als wichtigster Text des Mahayana-Buddhismus aus dem 1. Jahrhundert v.u.Z. stammen. Es fand überall in Asien schon sehr zeitig eine weite Verbreitung und zählt zu einem wichtigen Bestandteil der Texte des „Prajnaparamita-Sutras“ (Vollkommenheit der Weisheit). Die erste als Holztafeldruck in Tibet hergestellte Druckversion des Sutra datiert vom 11. Mai 868 und gilt als das erste Buchdruckerzeugnis der Menschheitsgeschichte, das fast 600 Jahre vor der Gutenberg-Bibel entstand. Der Archäologe Aurel Stein entdeckte es im Jahre 1907 in den Mogao-Grotten unweit der heutigen chinesischen Stadt Dunhuang .

Im 4. Jahrhundert gelang den Chinesen, in Öfen eine solche Hitze zu erzeugen, die das Herstellen von Gusseisen ermöglichte. Zweihundert Jahre später entdeckten sie ein Verfahren zur Stahlherstellung, was den Mitteleuropäern erst 1846 mit dem Siemens-Martin-Verfahren gelang. Die Chinesen erfanden ebenfalls die Herstellung von Porzellan schon im 7. Jahrhundert, die Weiterentwicklung der Schifffahrt zu Großschiffen um 1090 und auch das Schwarzpulver um 1044, das dann mit den Mongolenstürmen im 13. Jahrhundert auch Europa erreichte. (27) Den Buchdruck erfanden sie in der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts, also beinahe 600 Jahre vor der Erfindung der Gutenberg-Bibel in Mitteleuropa.(28) Allgemein leisteten chinesische Gelehrte auch Pionierarbeit auf naturwissenschaftlichen Gebieten wie der Astronomie, der Mathematik, Physik, Chemie, Meteorologie und Seismologie (29) Lange vor den Europäern wandten die Chinesen überlegenere Techniken in der Landwirtschaft an. Dazu zählen beispielsweise die Entwicklung des Wendepflugs mit eisernen Pflugkappen, oder das Brustgeschirr und Kummet für den Einsatz des Pferdes als Zugtier, oder die gezielte, staatlich initiierte Weiterentwicklung von Nutzpflanzen, oder die Einführung robusterer und ertragreicherer Pflanzen (wie z. B. des Champa-Reis aus Vietnam) und die Anlage von Kanalsystemen und der Kanalschleuse im Jahre 984.(30) Das alleserlaubte ihnen, eine wirksamere und ertragreichere Landwirtschaft als den Europäern.

Einen weiteren Schritt in Richtung Ausbau der Selbstherrschaft des Kaisertums durch Vorantreiben der Zentralisierung der Reichsbürokratie machte China während der Ming-Dynastie (1368–1644). Sie hatte die zwischen 1279 bis 1368 bestehende und durch eine Bauernrevolte der so genannten Roten Turbane gestürzte Mongolenherrschaft abgelöst und das Reich zu neuer wirtschaftlicher Blüte vor allem im Kunsthandwerk und da speziell bei der Porzellan-Herstellung (Ming-Vasen) geführt. Der aus bäuerlichen Verhältnissen stammenden und absolutistisch herrschende Kaiser Zhu Yuanzhang (Hongwu) (1368–1398) erreichte das vor allem durch Aufteilung der vorher von ihm konfiszierten großen Latifundien und der Verpachtung des Bodens an Kleinbauern. Während fremde und einheimische Kaufleute ziemliche Restriktionen hinnehmen mussten, wuchs durch die stärkere Urbanisierung beispielsweise der Städte Nanjing und Beijing das Handwerk erheblich. Die Verdoppelung der Bevölkerungszahl von 60 Millionen am Beginn der Ming-Zeit auf 120 Millionen 200 Jahre später stellt ein weiteres Indiz für das Aufblühen des Landes in dieser Periode dar. Die frühe Ming-Zeit machte vor allem unter dem Peking zur Hauptstadt machenden und die Zentralisierung der Reichsbürokratie und seiner Institutionen weiter vorantreibenden Kaiser Yongle (1402–1424) und seinem Admiral Zheng He mit den so genannten über 60 m langen hochseetauglichen Schatzschiffen, die es vergleichbar nur noch in England unter Heinrich V. gab, von sich reden. Die Reisen des Zheng He legten trotz des späteren Seefahrtverbots durch Kaiser Jiajing (1521–1567) im Jahre 1551 den Grundstein für die Besiedlung Südostasiens durch Chinesen und für den weiteren Überseehandel.

Eine letzte auch wirtschaftliche Hochzeit erlebte das kaiserliche China um die Wende des 17. zum 18. Jahrhundert während der Qin-Dynastie (1644–1911), einer nicht von Han-Chinesen, sondern von schon einmal in Nordchina zwischen 1127 bis 1234 (Jin-Dynastie) herrschenden ursprünglich nicht chinesisch sprechenden Jurchen, später Mandschu gebildeten Herrscher-Gruppierung. Eine milde Agrarbesteuerung ab 1685, weiterentwickelte Agrartechniken, neue Anbaukulturen wie amerikanische Kartoffeln, Erdnuss, Mais, Obst und Gemüse sorgten für ein bescheidenes, mit Westeuropa vergleichbares Auskommen der chinesischen Bauern. Die sich immer mehr mit den Han-Chinesen verschmelzenden Mandschu reizten die Techniken der vorindustriellen Zeit voll aus und erzielten Rekordergebnisse bei der Textil, und Porzellanherstellung, der Teeernte sowie der Papier und Zuckerproduktion. Schätzungen zufolge haben Europäer zwischen 1571 und 1821 von 400 Millionen Silber-US-Dollar der aus den amerikanischen Kolonien herausgepressten Profite etwa die Hälfte für den Ankauf chinesischer und ostasiatischer vornehmlich Luxusartikel wie Porzellan, Seide und Tee verwendet, was schließlich zum ersten Opiumkrieg (1839–1842) mit Großbritannien führte, weil die Chinesen keine anderen Zahlungen als solche in Silber freiwillig akzeptierten.

 
Bildquelle 13: Zheng Hes Flotte auf einem Holzschnitt aus dem 17. Jahrhundert   Bildquelle 14:Für den Export produzierte Porzellan Dschunke, Qing-Dynastie

Auch der Konfuzianismus erlebte im 18. Jahrhunderte eine große Wiedererweckung, wodurch es zu einer Wiederbelebung des Prüfsystems für kaiserliche Beamte zugunsten der Rechtfertigung der Mandschu-Herrschaft kam. Alle auch nur ansatzweise kritischen Schriften über Barbaren (Nichtchinesen) gerieten auf den Index. Gleichzeitig fungierten die Mandschu-Herrscher wie Kangxi (1661–1722), sein Sohn und Nachfolger Yongzheng (1723–1735) und Qianlong (1735–1796) aber als Förderer der Kunst, Literatur und Wissenschaften, ließen in Peking und Jehol prächtige Residenzen bauen und umfangreiche wissenschaftliche Nachschlagewerke wie die Riesenenzyklopädie ausarbeiten.

Als Ausdruck der friedlichen Entwicklung und des wirtschaftlichen Aufschwungs wuchs die Bevölkerung Chinas zwar zwischen 1740 und 1850 von 140 Millionen auf 430 Millionen Einwohner, was aber sehr bald zur Überforderung der Verwaltung und zu Unruhen vor allem unter den unterworfenen Völkern wie beispielsweise den Tibetanern zwischen 1771–1776 oder zu Bauernaufständen wie denen der Weißen Lotus im Jahre 1795 führte. Die ausschließlich auf China und bestenfalls Ostasien konzentrierte, auch sinozentrisch genannte Weltsicht der Qing-Kaiser unterschätzte die zunehmende Überlegenheit der westmitteleuropäischen Mächte, wodurch China ab dem 19. Jahrhundert immer mehr in den Sog dieser nach Herrschaftsausdehnung trachtenden Mächte und des aufstrebenden Japans geriet. Die Katastrophe der Flusslaufänderung des Gelben Flusses von 1855, zwei Opiumkriege, der zweite zwischen 1855 und 1860, der Taiping-Aufstand in Südchina von 1861 bis 1864,der Nian-Aufstand in Nordostchina zwischen 1853/1855 bis 1868, der vom Deutschen Kaiserreich, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Russland, Östereich-Ungarn und den USA blutig und brutal niedergeschlagene Boxeraufstand von 1900, der Verlust wichtiger Hoheitsrechte wie die Zollkontrolle oder die Kontrolle über ausländische Gesellschaften markieren das Herabsinken Chinas in eine Halbkolonie einzelner imperialistische Mächte.

 
Bildquelle 15: Großmächte greifen nach China. Zeitgenössische Karikatur (1898), die die Rivalität der Großmächte in China darstellt: von links nach rechts Großbritannien (Victoria), Deutsches Reich (Wilhelm II.), Russland (Nikolaus II.), Frankreich (Marianne), Japan   Bildquelle 16: Boxeraufstand 1900, Kampf zwischen Alliierten und chinesischen Truppen. Dieser ungleiche Kampf endete in einem grausamen Massaker an den aufständischen Chinesen. Kaiser Wilhelm II. hielt anschließend die berühmt-berüchtigte „Hunnen“-Rede, die einmal mehr den damals überall im Westen grassierenden Rassismus gegenüber den andersfarbigen Völkern der Südhalbkugel belegt.

Die mit Ausnahme der Song-Periode im 11. Bis 13. Jahrhundert überwiegend auf staatliches oder Gruppeneigentum fußende Art und Weise, die wirtschaftlichen Abläufe und Verhältnisse zu steuern und zu regeln, hatten in China zweitausend Jahre lang die Entwicklung der Produktivkräfte einschließlich der Kunst und Kultur auf vielen Gebieten nicht nur nicht gehemmt, sondern erfolgreich vorangetrieben und sich bis Beginn des 19. Jahrhunderts als durchaus der auf der Privatinitiative des Einzelnen und seines Eigentums an den Produktionsmitteln fußenden Wirtschaftsweise als ebenwürdig, in Teilen sogar als überlegen erwiesen. Erst danach ermöglichte die schon auf mittlere Frist zwar nicht nachhaltige, dafür aber umso zerstörerische, weil natürliche und menschliche Ressourcen massenhaft verschleißende und durch die massenhafte Nutzung erschöpflicher Energieträger angetriebene Wirtschaftsweise in Westmitteleuropa und später in den USA und Japan eine Revolutionierung von Produktivkräften, die bis dahin in der Menschheitsgeschichte ihresgleichen suchte und andere Weltregionen, darunter auch China jahrzehntelang ins Hintertreffen brachte. Das die kaiserliche Mandschu-Herrschaft 1912 beerbende revolutionär bürgerlich republikanische Kuomintang-China vermochte es in den folgenden 40 Jahren ebenso wenig, Festlandchina aus dem Würgegriff der westlichen Mächte zu befreien, wie die Aggression Japans in den 1930er Jahren abzuwenden. Versuche, Festlandchina wenigstens teilweise lokal begrenzt industriell zu modernisieren, blieben aus Mangel an Zeit und vor allem bürgerkriegsbedingtem Kraftmangel in Ansätzen stecken.

Mit dem Sieg der chinesischen Kommunisten unter ihrem Führer und späteren Staatslenker Mao Zedong im Bürgerkrieg mit dem Kuomintang-Regime des Generals Chiang Kai-sheks und der Gründung der Volksrepublik China am 1.Oktober 1949 eröffnete sich für Festlandchina ein neuer gesellschaftlicher Entwicklungsweg jenseits von Ausbeutung und Kapitalverwertung. Ganz im Gegensatz dazu setzte der mit seinen Anhängern nach Taiwan geflüchtete Widersacher Chiang Kai-shek mittels einer auf der Insel Formosa errichteten Militärdiktatur auf eine sozial völlig ungezügelte und entfesselte Kapitalverwertung und entwickelte das im Westen zwanzig Jahre lang so genannte Nationalchina in eben dieser Zeit zu einem weltweit überaus konkurrenzfähigen Hochtechnologiestandort. Maos Volksrepublik, im Westen bis zum Nixon-Besuch in der Volksrepublik 1972 auch Rot-China genannt, versuchte anfänglich mittels einer staatlich straff geführten Zentralverwaltungswirtschaft sowjetischer Prägung das Land industriell zu modernisieren, was nach anfänglichen ersten Erfolgen bei der Konsolidierung der Wirtschaft nach dem Krieg unter anderen auch durch die Lasten des eine Million chinesische Soldaten fordernden Koreakrieges zwischen 1950 bis 1953 und der Konzentration auf die vorrangige Entwicklung der Schwerindustrie zulasten des Ausbaus der Landwirtschaft in der zweiten Hälfte 1950er Jahre ins Stocken geriet.

Nach dem in diese Zeit fallenden Bruch mit Moskau sollte die Massenkampagne für einen „Großen Sprung“ begleitet von einer großen revolutionären Begeisterung in einem gewaltigen Kraftakt förmlich Millionen kleiner Hochöfen aus dem Boden stampfen und die Stahlproduktion sich bis 1962 von geplanten 12 Mio. Tonnen auf 80 bis 100 Mio. Tonnen erhöhen und die Getreideernte von 200 Mio. Tonnen 1958 auf mehr als das Doppelte bis 1960 ansteigen. Während die Moskauer Kommunisten, durch die Weltraumerfolge beflügelt, bis 1980 an der Schwelle des Kommunismus angelangt sein wollten, plante Mao Ende der 1950er Jahre innerhalb kürzester Frist die drei grundlegenden sozialen Widersprüche zwischen Land und Stadt, Hand- und Kopfarbeit und Industrie und Landwirtschaft einzuebnen und so die Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus wesentlich abkürzen zu können. Anstelle des großen Wurfs sorgten das Wegbrechen von Hilfen durch die Sowjets, anhaltende Dürren und verheerende Überschwemmungen sowie völlig übersteigerte Abgabenormen für die Bauern für ein dramatisches Scheitern des „Großen Sprunges“ und verursachten zusätzlich schlimme Hungersnöte mit Millionen Todesopfern. Ähnlich wie in der DDR und CSSR schlug Anfang der 1960er Jahre auch in Volkschina die Stunde für das zarte Pflänzchen von Wirtschaftsreformen durch den Versuch, marktwirtschaftliche Elemente zur Schaffung und Förderung materieller Anreize für Einzelne einschließlich einzelner Betriebe in die zentrale Planung zu integrieren, um dadurch mehr Raum für wirtschaftliche Wirksamkeit und Wirkungsfülle zu schaffen. Der langjährige Weggefährte Maos, in Wirtschaftsfragen aber ähnlich wie Deng Xiaoping zunehmend gegensätzliche Positionen vertretende, später dann während der Kulturrevolution 1967 wie Deng in Ungnade fallende Liu Shaoqi erreichte mit seinem entsprechenden Notstandsprogramm unter dem Motto: „Regulierung, Konsolidierung, Ergänzung und Niveauhebung “tatsächlich eine wirtschaftliche Erholung, aber zu Lasten eines Teils von Beschäftigten, die aus dem System sozialer Absicherung herausfielen. Die daraus erwachsene Unzufriedenheit eines Teils der Bevölkerung auch über die überall auswuchernde Korruption nutzte Mao aus, um unter dem Motto der Initialisierung einer echten, aus der Basis heraus sich entwickelnden sozialistischen Erziehungsbewegung ab 1963 den Boden für eine neue Massenkampagne zu bereiten, die dann ab 1966 durch die so genannte Roten Garden zu einer regelrechten Kulturrevolution anwuchs und zehn Jahre lang das politische, kulturelle und Bildungsgeschehen in China bestimmte und in deren Wirren es Mao gelang, sich vieler seiner missliebigen Widersacher zu entledigen. Sie fand im Westen besonders bei Linksintellektuellen einigen Anklang, kostete in China selbst jedoch viele, sicher vermeidbare Opfer vor allem unter den älteren Mitgliedern der KPCh und der Intelligenz des Landes.

In die Zeit der Kulturrevolution fiel auch der Konflikt zwischen China und der Sowjetunion um die im Fluss Ussuri liegende Insel Zhenbao Dao (russisch: Damanski) von 1969, in dessen Folge es zu einer Annäherung zwischen der Volksrepublik China und ihrem bisherigen Todfeind USA kam, wodurch sie auch den diplomatischen Durchbruch ihrer weltweiten Anerkennung als alleinige staatliche Vertreterin aller Chinesen einschließlich der bis dahin einen Alleinvertretungsanspruch ausübenden Taiwan-Chinesen erzielte. Nach Maos Tod knüpfte der ihm wenig später nachfolgende Deng Xiaoping an die Wirtschaftsreformen seines einstigen Mitstreiters und 1980 von ihm posthum rehabilitierten Liu Shaoqi an, um in China zuerst in besonderen Wirtschaftszonen der südlichen Küstenregionen eine gemäß der jahrtausendealten Tradition zwar gesamtstaatlich gelenkte und kontrollierte, durchaus zeitgemäß aber sozial nahezu ungezügelte und steuerlich weitestgehend begünstigte oder gar freigestellte Kapitalverwertungswirtschaft zu etablieren. Diese offiziell soziale Marktwirtschaft heißende, viele Jahre jedoch von keinerlei sozialen Einhegungen gebremste Art des Wirtschaftens machte Volkschina innerhalb nur weniger Jahrzehnte zur zweitstärksten, vielfach auch technisch hochmodern ausgestatteten Wirtschaftsnation der Welt. Weil allerdings diese rasante Aufholjagd wie anderswo auf der Welt auch überwiegend durch Nutzung erschöpflicher Energieträger angetrieben wurde, verlief sie zu Lasten der Lebensfreundlichkeit der Umwelt. (31)

Bildquelle 17: Peking an zwei verschiedenen Tagen im August 2005. Zwei Fotos, am selben Ort in Peking in August 2005 gemacht. Die Fotografie links wurde nach zwei Regentagen gemacht. Das rechte Foto zeigt das in Smog eingehüllte Peking an einem sonnigen Tag.

Ungeachtet der Frage also, ob die Menschheit die Herausforderung der Umstellung der Nutzung erschöpflicher Energieträger zur Nutzung erneuerbarer Energieträger vor allem im Bereich der Wirtschaft meistert oder nicht und ob damit die Lebensfreundlichkeit der Umwelt auch künftigen Generationen noch zu Gute kommen kann oder nicht, soll dieser bruchstückhafte Überblick über ausgewählte Themen der Geschichte Chinas aufzeigen, dass es alternative Entwicklungen in Kultur und Gesellschaft gab und die westliche Kultur nicht das überall nachzuahmende non plus Ultra darstellt. Wie das moderne China heute auf Besucher wirkt, beschreibt ein diese Webseite wegen des bisherigen Fehlens chinesischer Geschichte kritisierender China-Reisender wie folgt: „Man stellt sich viele Fragen, wenn man 5 Stunden lang mit 325 km/h von Schanghai per Bahn nach Peking fährt, und das mit höchstem Komfort, geräuscharm und gemütlich, sauber; und wenn man vielerorts dort auf wache, freundliche chinesische Kollegen trifft, die ihren Konfuzius selbstbewusst zitieren und allen Grund dazu haben, weil er schon 500 Jahre vor Christus eine Ethik hervorgebracht hat, die vorzeigbar ist. Ein weites Feld ... “Wie ein Blick auf das Wirken so großer Gelehrter wie Laotse und Kungtse zeigt, leistete China auch bei der uralten Suche der Menschen nach einer Gesellschaft, die sich gleichermaßen als sozial verträglich und anreizfähig erweist und die die Lebensfreundlichkeit der Umwelt erhält und nicht zerstört, einen verdienstvollen Beitrag (vgl.: unter der Rubrik Philosophisches den Link Laotse und Kungtse). Möglicherweise kann auch das geplante eiserne Seidenstraßenprojekt einer Hochgeschwindigkeitsschienenverbindung für Waren, Güter und Personen zwischen Shanghai über Duisburg bis nach Portugal eine Jahrzehnte währende Periode transeurasischer Wirtschaftsblüte hervorrufen. Der Autor dieser Webseite gehört zu den Unterstützern eines solchen Projekts.

Bildquelle 18: Symbol des neuen Aufstiegs Chinas: Die Skyline von Shanghai

(1) Joachim Hermann, Spuren des Prometheus. Leipzig-Jena-Berlin, 1975. S. 54
(2) Richard Wilhelm, Chinesische Philosophie. Breslau 1929, 2. Auflage 2012, S. 12
(3) Ebenda, S 12
(4) Ebenda S. 12
(5) Propyläen Weltgeschichte. Hrsg. V. von Golo Mann und Alfred Heuß, Zweiten Band Berlin, Frankfurt/M, Wien, 1962 S. 479
(6) Ebenda S. 486
(7) Karl Marx: Die britische Herrschaft in Indien. In: MEW , Bd. 9, Berlin 1960, S. 129.
(8) Karl Marx: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. Berlin 1960, S. 376.
(9) Karl Marx, Kapital. Bd. III, Berlin 1960, S. 343,
(10) Karl August Wittfogel: Die Theorie der asiatischen Gesellschaft . In: Zeitschrift für Sozialforschung 1938, S. 96.
(11) DER SPIEGEL 23/1988, 06.06-1988. S. 236
(12) Burchard Brentjes, Die orientalische Welt. Berlin 1970, S. 176
(13) Roger Goepper (Hg.), Das alte China. Geschichte und Kultur des Reiches der Mitte. Mit Beiträgen von Helmut Brinker, Klaus A. Dietsch, Jorinde Ebert, Klaus Flessel, Rainer Holzer, Dieter Kuhn, Erling von Mende, Norbert Pautner, Hans-Hermann Schmidt, Helwig Schmidt-Glintzer, Peter Thiele, HartmitWalravens und Shun-chi Wu, C. Bertelsmann-Verlag, München 1988, S. 149 - 185.
(14) Hans van Ess: Politik und Geschichtsschreibung im alten China. Pan-ma i-t'ung. 2014, S. 3.
(15) vgl. dazu: A. F. P. Hulsewé: China in Central Asia. The Early Stage. 125 BC – AD 23. An annotated translation of chapters 61 and 96 of the History of the Former Han Dynasty. With an introduction by M. A. N. Loewe. E. J. Brill, Leiden 1979.
(16) Vgl. dazu: Roger Goepper (Hg.), Das alte China… a.a.O.
(17) Vgl.: ebenda
(18) Watson, Burton, Han Fei Tzu: Basic Writings. 1964, p. 2.
(19) Bodde, Derk: The state and empire of Ch'in , in: The Cambridge History of China , Band 1 The Ch'in and Han Empires, 221 B.C.-A.D.220 , Cambridge 1986 ( ISBN 9780521243278 ), S.64
(20) Ebenda, S. 101
(21) Helwig Schmidt-Glintzer: Geschichte Chinas bis zur mongolischen Eroberung 250 v. Chr. – 1279 n. Chr. , München 1999, S.13 und S.97
(22) Bodde, Derk: The state and empire of Ch'in , in: The Cambridge History of China , Band 1 The Ch'in and Han Empires, 221 B.C.-A.D.220 , Cambridge 1986 ( ISBN 9780521243278 ), S.25f, S. 30 und Helwig Schmidt-Glintzer: Geschichte Chinas biszurmongolischenEroberung 250 v. Chr. – 1279 n. Chr. , München 1999, S.10
(23) https://de.wikipedia.org/wiki/Xunzi , vgl. auch: Wolfgang Schluchter : Die Entstehung des modernen Rationalismus. Eine Analyse von Max Webers Entwicklungsgeschichte des Okzidents . 1. Aufl. Frankfurt am Main 1988. ISBN 3-518-28947-0 . S. 34 mit einem Verweis auf die in Fußnote 46 angegebene Literatur
(24) K. Wang, G.L. Siscoe: Ancient Chinese Oberservations . bibcode : 1980SoPh...66..187W
(25) Wolfgang Hirn: Herausforderung China. Wie der chinesische Aufstieg unser Leben verändert. Fischer, Frankfurt am Main 2005, S. 17–18.
(26) Dieter Pothmann: Impressionen von der IPH-China-Expedition.
(27) Joseph Needham widmete 1986 einen ganzen umfangreichen Band seiner Science andCivilization in China (Band 5, Teil 7, The GunpowderEpic ) dem Nachweis des Ursprungs von Schwarzpulver und Feuerwaffen in China
(28) International Dunhuang Project . Diamant Sutra, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Diamond_sutra.jpg , public domain
(29) Wolfgang Hirn: Herausforderung China …a. a. o. S. 17–18
(30) Michael Mitterauer : Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderweges. 4. Auflage. C. H. Beck, München 2003, S. 33
(31) Vgl. dazu auch: Stephan Krüger, Wirtschaftspolitik und Sozialismus. Vom politikökonomischen Minimalkonsens zur Überwindung des Kapitalismus, VSA-Verlag, Hamburg 2016 

Bildquelle 1: China von 5000 v. Chr. bis 1722 v.u.Z . http://www.kinderzeitmaschine.de/fruehe-kulturen/kultur/china/epoche/fruehes-china.html?ut1=3&ht=2&ut2=7, gemeinfrei
Bildquelle 2: Orakelschriftzeichen. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:The_Oldest_Lacquer_Bowl_of_Hemudu_Culture(Neolithic).JPG , Autor: LukeLOU, CC BY-SA 3.0
Bildquelle 3: Orakelknochen, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Shang_dynasty_inscribed_tortoise_plastron.jpg , Autor: Babel Stone, National Museum of China, CC BY-SA 3.0
Bildquelle 4: Asiatische Produktionsweise. https://raetedemokratie.wordpress.com/2009/12/27/asiatische-produktionsweise-und-stalinistische-organisationsstrukturen-gegen-dezentrale-strukturen/
Bildquelle 5: Zheng-Guo-Kanal. Kmusserderivative work: Felisdomestica (talk) - Weirivermap.png, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10257367 , CC BY-SA 3.0,
Bildquelle 6: Dujiangyan-Irrigation-System, Autor: Ihtc 2015,https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dujiangyan-Irrigation-System-TOUR-Map104.jpg , CC BY-SA 4.0
Bildquelle 7: Sima Qian, Autor: ZazaPress, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sima_Qian_(painted_portrait).jpg , public domain
Bildquelle 8: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Records_of_the_Grand_Historian.jpg , ,Autor : Oorspronkelijkbestand , public domain
Bildquelle9: Shangyang, Autor: Fanghong, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Shangyang.jpg , CC BY-SA.3.0
Bildquelle10: Qinshihuangdi, Autor : unknown, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Qinshihuang.jpg , publc domain
Bildquelle 11: Altchinesische Sternenkarte. Autor: britishliberary https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dunhuang_star_map.jpg , publicdomain
Bildquelle 12: erster Buchdruck, Diamant-Sutra, chinesischer Holzschnitt, 868 n. Chr. (British Museum, London) https://de.wikipedia.org/wiki/Diamant-Sutra#/media/File:Diamond_sutra.jpg
Bildquelle 13: Schatzschiff des https://commons.wikimedia.org/wiki/File:ZhengHeShips.gif , Autor: Evan Hadingham, publicdomain
Bildquelle 14: Porzellan Dschunke, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:DD-Dschunke.JPG , Autor: Dr. Meierhofer, CC-BY SA 3.0
Bildquelle 15: Großmächte greifen nach China https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:China_imperialism_cartoon.jpg , Autor: Henri Meyer, gemeinfrei
Bildquelle 16: Boxeraufstand 1900, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Boxer_Rebellion.jpg Autor: Shizhao, publicdomain
Bildquelle 17: Smog in Peking 2005 , Autor: Bobak , https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Beijing_smog_comparison_August_2005.png , CC-BY SA 2.5
Bildquelle 18: Skyline von Shanghai 2011. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:2012_New_Year_Night_Pudong.jpg , CC-BY-SA. 3.0

Qing Reich mit Vasallenstaaten

Vgl.: Qing Reich mit Vasallenstaaten https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Qing-Empire1.jpg , Autor: Louis Le Grand, public domain

Geschichte des Alten China im Überblick

Herrschaft Zeitraum, Abläufe, Geschehnisse und Ereignisse
   
Xia-Dynastie (2200–1600 v.u.Z.)

Archäologischen Funde in Erlitou in der Provinz Henan, wie dem Altchinesischen zuzuordnende Inschriften auf Keramik und Muscheln deuten auf eine ungefähr viertausend Jahre alte Art von Stammeszusammenschluss hin, der in späteren Überlieferungen Xia-Dynastie mit einem vorgeblichen Kaiser Yu genannt wurde. Aus diesem Stammeszusammenschluss soll um 1766 v. u. Z. ein Stammesbund aus Reiternomaden, die Xiongnú entstanden sein, der zwischen dem 3. Jahrhundert v.u.Z. und dem 4. Jahrhundert n.u.Z. weite Teile Zentralasiens kontrollierte und ein erstes Steppenimperium in der Geschichte Zentralasien gegen die Eroberungspolitik Chinas begründete. Der Begriff Xiongnú galt also für die an das spätere China angrenzenden Nomadenvölker, lange bevor der vermeintliche Hunnenkönig Tu-men Tengriqut sie um 240 v.u. Z. erstmalig vereinte. Der von 145 v.u.Z. bis 90 v.u.Z. lebende chinesische Astrologe, Geschichtsschreiber und Schriftsteller Sima Qian nannte die Xiongnú auch Hu.

Shang-Dynastie (1600– 1046 v.u.Z.)

 

Mittels der Radiokarbonmethode datierte Handschriften auf Muschelschalen oder auf Orakelknochen zeugen von in dieser Periode aufkommende, auch für andere Sprachen der Region verwendete neben dem Altchinesischen bestehende Schriftzeichen. Es handelt sich um bis zu 4500 abstrakte (keine Bilderschrift) Zeichen, deren Ursprünge offenbar weit zurückreichen und von denen mehrere hundert Zeichen bis heute noch in derselben Bedeutung in Gebrauch sind. In dieser Zeit kamen Pferdestreitwagen auf, Münzen wurden geprägt, Bronze wurde verarbeitet und Wallanlagen entstanden. Es entwickelte sich eine gut ausgebaute Bürokratie, die u. a. das kulturelle Fundament für den späteren Taoismus legte.

Zhou-Dynastie (1046–221 v.u.Z.)

Die Zhou Dynastie gliedert sich in eine westliche Zhou- (1046 v.u.Z. bis 770 v.u.Z.) und eine östliche Zhou-Herrschaftsperiode – Dongzhou (770 v.u.Z. bis 256 v.u.Z.), wobei aus ersterer das Buch der Wandlungen ( Yijing ) mit dem Zeichen Yin und Yang stammt und letztere sich nochmal in die Zeit der Frühlings- und Herbstanalen – Chunqiu-Zeit (722 bis 481 v.u.Z.) und die Zeit der Streitenden Reiche – Zhanguo-Zeit (475 – 221 v.u.Z.) , unterteilt. Aus dem ursprünglichen Zusammenschluss kleiner Stämme hatten sich nach und nach Kleinstaaten gebildet, deren Oberhaupt Zhou hieß. In der westlichen Periode nannten sich nur die Zhou-Herrscher König (Wang) und die anderen Herrscher Gong (Herzöge). Erst in der Chunqi-Zeit nannten sich auch alle anderen übrigen Herrscher Könige, was auf den allmählichen Autoritätsverlust der Zhou-Herrscher hindeutet. In der Mitte des 1. Jahrtausends v.u.Z. kam es zu einer Blüte philosophischen Denkens in China – vonder klassischen Textsammlung Daodejing aus dem 6. Jahrhundert v.u.Z. über die Lehren des Konfuzius (Kung-tzu) (551–479 v.u.Z.) aus dem 5. Jahrhundert v.u.Z. bis hin zu dem von dem altchinesischen Dichter und Philosophen Zhuang Zhou auch Chuang-tzu; (* um 365 v .u.Z. † v.u.Z.) im 4. Jahrhundert v.u.Z. verfassten Werk Zhuangzi, wobei erstere und letzteres zum Taoismus verschmolzen sind und die Schüler des Konfuzius dessen Lehren zum Konfuzianismus verschlimmbesserten. Beiden lag die schon aus der Shang-Zeit stammende Taiji-Lehre zugrunde.

Qin-Dynastie (221–207 v.u.Z.)


Das Qin-Reich gehörte am Ende der Zhou-Dynastie zu den sieben übrig gebliebenen Reichen dieser Periode. Der Sohn des mithilfe seines Kanzlers, des Kaufmanns LüBuwei, eine sehr effektive Verwaltung und eine restriktive Gesetzgebung gegenüber den Bauern einrichtenden Königs Zhuangxiang namens Zhao Zheng hatte zuerst 230 v.u.Z. an der Spitze seiner Qin-Armee den schwächsten Staat namens Han erobert, bevor erzwei Jahre später mit seiner Armee die Hauptstadt von Zhao ein- und den König gefangengenommen hatte. Wenig späterwar ihm die Hauptstadt des Königreichs Yan zugefallen, nachdem ein vom Kronprinzen initiiertes Attentat auf den Qin-König Zheng im Jahre 227 v.u.Z. missglückte.Schließlich hatte die Qin-Armee das Wei-Reich erfolgreich angegriffen, wo der dortige König nach einer dreimonatigen Belagerung der Hauptstadt aufgab. Ein Jahr später eroberte Zheng das im Süden liegende Chu-Reich und endlich leistete das 221 v.u.Z. von der Qin-Armee angegriffene Qi-Königtum kaum noch Widerstand. Es folgte seine Krönung zum Gottkaiser Qin Shihuangdi und die Ausdehnung seines effektiven Verwaltungssystems auf ganz China. Er ließ die Gewichte standardisieren, erste Kanäle für den Transport von Waren errichten und beauftragte seinen Minister LiSi die Schrift zu vereinheitlichen . Unter seiner Regentschaft entstanddurch Zwangsarbeit die große chinesische Mauer durch Verbindung der bereits bestehenden Mauern der nunmehr vereinten sieben Reiche. Seit seinem Tode 210 v.u.Z. schmückt die erst 1974 entdeckte Grabanlage mit der dann weltweit berühmt gewordenen Terrakottaarmee sein Grab als Beigabe. Die große Bedrückung der Bauern durch den ihm nachfolgenden Sohn Qin Er Shi (*209 – †207v.u.Z.) und dessen Nachfolger Ziying (207–206 v.u.Z.) führte zu Aufständen, die in einen Bürgerkrieg mündeten und zur Gründung der Han-Dynastie führten.

Han-Dynastie (206 v.u.Z.–220 n.u.Z.)

Der Anführer eines siegreichen Aufruhrs gegen eine geplante Massenhinrichtung von zur Arbeit an der großen Mauer wegen starker Regenfälle zu spät erschienener Arbeiter Liu Bang (*256 v.u.Z.– †195 v.u.Z.)stieg zum Kaiser auf,änderte aber an der bestehenden Ordnung einschließlich des Bücherverbots wenig, behielt das System von Belohnung und Bestrafung für die in 24 Rangstufen eingeteilte Bevölkerungeinschließlich der von ihr an den Staat zu leistenden Kopfsteuern, Fron- und Militärdienst bei und schaffte die letzten Reste des Lehenswesen endgültig ab. Im Jahre 154 v.u.Z. erlitt eine dagegen aufbegehrende Revolte der alten Lehensträger der sieben Königreiche eine blutige Niederlage. Im Jahre 119 v.u.Z. führte der Han-Kaiser Wu (* 156 v.u.Z.; † 29. März 87 v.u.Z.)einen siegreichen Feldzug gegen die nördlichen Reiternomaden (Xiongnu) an dem mongolischen Orchon, unterwarf im Süden die Volksgruppen bzw. Königreiche der Yue und Dian in Yunnan und eroberte 111 v.u.Z. Kanton. Aus dieser Zeit stammt auch der älteste Papierfund. Allgemein stand die Han-Dynastie im Zeichen kultureller und wirtschaftlicher Blüte.Der im 1. Jahrhundert staatlich anerkannte Konfuzianismus verdrängte den Daoismus und schon seit 65 v.u.Z. hatte es Erfolge bei der Wiederherstellung der verlorengegangenen Literatur gegeben. Seiden-, Lacke und Jadehandel erlebten einen Aufschwung und eine Vielzahl von Erfindungen wie z. B. das Schiffsruder (2. Jahrhundert u.Z.), die Handkurbel, den Messschieber Bronzemodell aus dem Jahr 9 u.Z.), die Schubkarre , die Kettenpumpe (früheste chinesische Erwähnung beim Philosophen Wang Chong um das Jahr 80 u.Z.), die Hängebrücke , das Bohren nach Sole Grabrelief 1. Jahrhundert u.Z.) oder die Rotationsworfelmaschine und Drillmaschine sorgte für Staunen. Durch die militärische Expansion vor allem nach Norden nahm der Handelsverkehr entlang der Seidenstraße erheblich zu. Auch über Kanton und Nordvietnam schaffte Han-China die Anbindung an den indo-iranischen Seehandel bis hin indirekt sogar zum Römischen Reich. Mit dem wirtschaftlichen Erfolg gelangten besonders in der Zwischenperiode, der von Kaiser Wang Mang (* 45 v. Chr.; † 6. Oktober 23 u.Z.) geführten Xin-Dynastie (9 -23/25 u.Z.) zu großem Reichtum. So beschäftigte eine riesige Ländereien besitzende und Salzhandel betreibende Familie Zhou in Chengdu beispielsweise 800 Handwerksklaven (strafverurteilte und zahlungsunfähige Schuldner) im Eisen-, Lacke- und Textilbereich.Wang Mang erhob Abgaben auf Schiffe und Wagen und führte Staatsmonopole ein. Der Protest gegen diese Ungleichheiten und die damit verbundene Bedrückung der kleinen Bauern entlud sich schließlich im Bauernaufstand der Roten Augenbrauen und dem Aufstand dreier Han-Prinzen 23 u.Z. In der darauffolgenden späten oder auch östlichen Han-Zeitkam es wegen der anhaltenden Konflikte mit den Reiternomaden im Norden zu großen Bevölkerungsverschiebungen nach dem Roten Becken in Sichuan und dem Jangtsekiang sowie ab 107 u.Z. aus dem Nordwesten nach Süden, was zur Landsuche der ehemaligen militärischen Siedler und zur Mehrung der Arbeitssuchenden im Süden und ihrer Abhängigkeit von den dortigen Großgrundbesitzern führte. Die riesige Anhäufung von Vermögen auf der einen und bittere Armut auf der anderen Seite führte zu Aufruhr und 184 zum Aufstand der daoistischen Gelben Turbane, der das ganze Land erfasste und den Anfang vom Ende der Han-Dynastie einläutete.

Zeit der Drei Reiche (220–280)

Die Machtkämpfe am kaiserlichen Hof hatten sich daraufhin immer mehr zugespitzt. Dort bestimmten bis dahin die ihre Macht auf die Nähe zum Kaiser und den Kaiserwitwen stützenden Eunuchen die Politik der Zentralregierung und dagegen opponierten die Verwandten der Kaiserfamilie, vor allem der Kaiserin und Kaiserwitwen und die Minister und Generaleinnerhalb der Zentralregierung, darunter der Halbbruder der Kaiserwitwe General He und dessen Adjutant Yuan Shao. Der Anfang vom Ende des Han-Reichesbegann deshalbeigentlich schon 189 u.Z. durch den nach dem Tod von Kaiser Ling (* 156 ; † 189 sich ausweitenden Bürgerkrieg. Im Kampf gegen die Eunuchen hatten die Widersacher der Eunuchen den mächtigsten der Provinzgouverneure Dong Zhuo um militärische Hilfegebeten, der das zur eigenen Machtergreifung nutzte, wodurch die Zentralmacht zerfiel.Nachdem gescheiterten Versuch des als grausamer Despot, gewissenhafter Staatsmann, militärischem Genie und Dichter sowie Gründer der Wei-Dynastie in die Geschichte eingegangenen Generals Cao Cao (* 155; † 15. März 220),in der Schlacht von Chibi 208 u.Z. das Land wieder zu vereinen und dessenTod im Jahre 220 u.Z., zerfiel das Reich endgültig in drei Königreiche: Wei im Norden unter Cao Caos Sohn Cao Pi (* 187 ; † 226) Wu im Süden unter Sun Quan (* 182 ; † 252 )und Shu Han im Westen unter Liu Bei (* 161 ; † 223 )und danach dem bis heute sehr verehrten, weil der Legende nach weisen, volksnahen und korruptionsfreien Kanzler Zhuge Liang (* 181 ; † 234). In den folgenden Jahrzehnten fanden kriegerische Auseinandersetzungen hauptsächlich an der Grenze zwischen Shu Han und Wei statt, wobei der Kanzler Zhuge Liang fünf vergebliche militärische Vorstöße nach Norden ins chinesische Kernland unternahm, um die Han-Dynastie wieder einzusetzen. 249 u.Z. putschte sich der Oberbefehlshaber von WeiSima Yi (* 179; † 251)an die Macht und sein Sohn Sima Zhao (* 211; † 265) fiel, die inneren Konflikte des Königreiches Shu Han ausnutzend, in Sichuan ein und brachte es zu Fall.Während der Konfuzianismus in dieser Zeit einen Niedergang erlebte, erstarkte der Buddhismusund lebten alte, sich mit Elementen des Taoismus verbindende Volksreligionen wieder auf. Eineliterarische Aufbereitung dieser Periode erfolgte durch den berühmt gewordenen Roman „Die Geschichte der Drei Reiche“, der die Abenteuer dreier, an der Niederschlagung der Gelben Turbane beteiligter Generäle beschreibt. Durch dieses Prosawerk grub sich die Dynastie der drei Reiche bis heute in das kollektive Gedächtnis der Chinesen ein.

Jin-Dynastie (265–420)

Sima Zhaos Sohn des Sima Yan (* 236; † 17. Mai 290) setzte 265 u.Z. den letzten Kaiser von WeiCao Huan (* 246; † 303) ab und begründete als Kaiser Jin Wudi die Jin-Dynastie (265–420).Nachdem Jin Wudi (265 -290) mit seiner Armee im Jahre 280 das Kaiserreich Wu niedergerungen hatte, vereinigte er China erneut. Der angeblich sanft- und großmütige, empfindsame, gleichsam aber über unmäßige Potenz verfügende Kaisersoll der Legende nach nicht nur über zehntausend Konkubinen beglückt, sondern auch verschwenderisch bis prunksüchtig zu Lasten des einfachen Volkes seine Söhnen und sonstigen Anverwandten üppig versorgt und mit militärischen und zivilen Befugnissen versehen haben, was sehr bald zu Aufständen und Machtkämpfen innerhalb der kaiserlichen Familie und der korrupten, miteinander rivalisierenden Fürsten in den Provinzen ( Krieg der acht Prinzen ) und zu Wirren mit den aus dem Norden eingewanderten Reiternomadenvölkern u. a. den Xiongnu, Xianbei und Qiang sowie anderen nicht chinesisch sprechenden Stämmen der nördlich angrenzenden Steppengebiete ( Wu Hu oder Fünf Hu ) führte.Eine dadurch verursachte Massenflucht aus dem Norden in den Süden Chinas trug mit dazu bei, den Norden so sehr zu destabilisieren, dass dort in den kommenden über 100 Jahren sechszehn blutige Umstürze und Machtwechsel (Periode der Sechszehn Reiche der fünf Barbaren ) einander ablösten.Die kaiserliche Macht der nunmehr Östlichen Jin-Dynastie mit der Hauptstadt Nanjing hatte immer mehr zugunsten der Macht der Provinzfürsten und zumeist aus dem Norden geflüchteten Generäle an Einfluss eingebüßt, die meist selbstständig und unkoordiniert erfolglos Feldzüge gen Norden führten, um dort die Herrschaft der Jin-Dynastie wiederherzustellen. Auch die kaiserliche Macht sabotierte solche Feldzüge aus Furcht, siegreiche Generäle könnten sich selbst zum Kaiser ausrufen. Im Jahre 383 bot das frühere Qin-Reich die letzten militärischen Reserven auf, um die östliche Jin-Dynastie zu vernichten, was die Angegriffenen in der Schlacht von Feishui (383), einem Fluss in der heutigen Provinz Anhuiunter Aufbietung vereinter Kräfte abzuwehren vermochten. In dieser wohl bedeutendsten Schlacht der chinesischen Geschichte schlug Jin die etwa zehnfach überlegene nördliche Armeedesturk-mongolischen Kaisers der Früheren Qin Fu Jian (357–385), was den endgültigen Zerfall des Qin-Reiches, aber auch die dauerhafte Teilung Chinas in ein Nord- und Süd-Reich besiegelte.Insgesamt erlebte vor allem die Hofwirtschaft im Östlichen Jin-Reich eine Blütezeit und die Erfolge der Landwirtschaft ermöglichten Fortschritte in Technik, Wirtschaft und Handel, wobei sich das Zentrum des Handels und Handwerks immer weiter südwärts verlagerte, was die Voraussetzung für den Bau des 1800km langen Kaiser-Kanals von Nord- nach Südchina schuf. Im Bereich der Kultur büßte der Konfuzianismus seine Vorherrschaft immer mehr ein und vermischte sich mit dem Daoismus und den aus Indien einsickernden Buddhismus. Ebenfalls eine Vermischung fand statt zwischen der Steppenkultur den Norden besiedelnden und beherrschenden Nomadenvölkern und der bäuerlichen Kultur der dort verbliebenen Han-Chinesen und trat in Wechselwirkung mit der Kultur des südlichen Chinas der Östlichen Jin.

Südliche und nördliche Dynastien (420–581)

 

Zwei mit wechselseitiger Intensität vergeblich um das ganze Land kämpfende Machtblöcke hatten sich herausgebildet. Eine überwiegend nicht chinesisch sprechende fremde nördliche Dynastie am Lauf des Gelben Flusses und eine nationalchinesische südliche Dynastieentlang des Jangtsekiang. Die ständigen Kämpfe ließ die Macht der Militärbefehlshaber ständig wachsen. Sie setzten den jeweils herrschenden Kaiser einfach ab und sich selbst als Kaiser ein, wodurch sich im Süden innerhalb von 150 Jahren bis zu sechs Dynastien einander ablösten. Trotzdem blieb die Pflege der chinesischen Kultur im Süden Grundlage der herrschenden Politik. Besonders in der friedlichen Zeit der Liang-Dynastie unter Kaiser Liang Wu Di (502–549) erfreuten sich der Buddhismus und die schönen Künste einer großzügigen Förderung und Pflege, bis dann ein putschender General Hou Jing die Hauptstadt eroberte und den Kaiser verhungern ließ. Im Norden hatte dagegen die Invasion der Tabgatsch, einer der bedeutendsten Stammeskonföderationen nach dem Zusammenbruch des Xiongnu-Reiches, die (Nördliche)Wei-Dynastie begründet, sich der chinesischen Verwaltungsstruktur bedient und sich in relativ kurzer Zeit in die chinesische Kultur eingefügt. Die Herrschaft der Nomadenvölker in Nordchina eröffnete erneut die Handelswege nach Westen und ermöglichte über Turkestan das weitere Vordringen des aus Indien kommenden Buddhismus. Es entstanden viele Klöster.

Sui-Dynastie (581–618)

Die aus sinisierten türkischen Adelsfamilien hervorgegangenen Sui vereinigten unter General Yang Jian, dem späteren Kaiser Wendi (581–604)das seit dem Untergang der Han-Dynastie 220 zersplitterte Kaiserreich nach der Eroberung von Jiankang später Jianzhou (heute Nanjing) 589 und der Beseitigung der dortigen Chen-Dynastie (557–589) wieder. Schon 585 hatte Wendi den TürkenkhanScha-po-lo/Isbara (581–587) in die Vasallenschaft genötigt. Er trug zur Wiederannäherung der sich während der mehrere Jahrhunderte währenden Teilung gegenseitig als unzivilisierte Nordchinesen und dekadente Südchinesen verachtenden Bevölkerungsgruppen bei, machte die Millionenstadt Chang`an (heute Xi`an) zur Hauptstadt, organisierte eine zentrale Reichsverwaltung mit sechs Ministerien Beamten, Finanzen, Riten, Heer, Justiz und öffentliche Arbeiten, führte lockere Beamtenprüfungen wieder ein, eine Bodenreform zugunsten einfacher Bauern gleichmäßig, je nach Familiengröße verteilt, durch, vereinfachte und milderte die Strafgesetze (Kai-Huang-Statuten), ließ zum besseren Getreide- und Truppentransport den Kaiserkanal zwischen Nord- und Südchina anlegen und verlängerte die große Mauer nach Westen hin. Sein Nachfolger Yangdi (604–618) führte zwischen 612/614 und 615 drei unglücklich verlaufende Kriege gegen das mandschurisch-nordkoreanische Gogurveo und verlor sie gegen die Kök-Türken. Sich in dieser Zeit ereignende und Hungersnöte auslösende Überschwemmungen führten zu Bauernaufständen, die Kaiser Yangdi zum Rückzug in den Süden bewegten, was 617 General LiYuan als Kaiser Tang Gaozu (618–626) mit Billigung des Türkenkhans Shibi nutzte, um die Hauptstadt Chang´an zu erobern und die Tang-Dynastie zu begründen.

Tang-Dynastie (618–907)

Der Kaiser Gaozu ablösende Sohn und Nachfolger Li Shimin als Kaiser Taizong (626–649) führte ab 626 Krieg gegen die Kök-Türken und errang 630 einen entscheidenden Sieg, was der Tang-Dynastie eine Ausbreitung entlang der Seidenstraße ermöglichte, wodurch viele fremde Kaufleute und Krieger ins Land strömten und die Stadtkultur prägten. Wegen des verbreiteten Pferdebesitzes durch die Kontrolle der Zuchtgebiete in Gansu gelangte das Polo-Spiel aus dem Iran nach China. Kaiser Taizong vervollkommnete die Staatsverwaltung weiter. Die kaiserliche Kanzlei kümmerte sich um Repräsentation und das Berichtswesen, das kaiserliche Sekretariat bearbeitete die kaiserlichen Erlasse und übte die Kontrolle über die Politik aus, die Staatskanzlei bildete, von zwei Präsidenten geführt, mit den schon unter den Sui gebildeten 6 Ministerien die eigentliche Regierung, dem Staatsrat gehörten die Spitzen der Staatskanzlei an und zusätzliche Amtsstellen mit begrenzten Befugnissen wie beispielsweise das Zensorat sorgten für die politisch moralische Überwachung der in neun Rangklassen untergliederten Beamten und für die ordnungsgemäße Durchsetzung grundlegender Richtlinien. Künftig wurden angehende Beamte auf ihre Tauglichkeit in Geschichte, konfuzianische Klassiker, Lyrik und in Fragen der Verwaltung geprüft, die nur 10 Prozent bestanden. Praktisch spielten weiterhin Geld und Herkunft bei der Auswahl eine herausragende Rolle, so dass in die höchsten Posten fast nur Adlige gelangten. Neben der weiteren Vereinfachung und Milderung der Strafgesetze förderte er auch das Schulwesen. Der vollständig überlieferte Gesetzeskodex Tanglü-shuyi mit seinen in 12 Abschnitten untergliederten, logisch strukturierten 500 Paragraphen setzt Schwere und Wesen der Straftat und gesellschaftliche Stellung des Opfers in Beziehung. Es entstanden gleichzeitig erste Konturen eines Beamtenrechts, wobei die praktische Rechtsprechung den Präfekturbehörden oblag. 643 richtete Byzanz eine erste Gesandtschaft ein und 651 findet eine arabische Gesandtschaft Erwähnung, 657/59 unterwarfen Tang-Chinesen unter Kaiser Gaozong (650–683) die Westtürken. Zwischen 690 und 705 herrschte in China die u. a. wegen des Mordes an ihrem eigenen Sohn und der Einkerkerung zweier weiterer Söhne als schreckliche Kaiserin bekannt gewordene Wu Zhao (auch Wu Zetian ) mit Hilfe der Buddhisten, der Geheimpolizei und von Teilen vor allem der Bevölkerung und Beamten aus dem Süden Chinas. Unter dem nachfolgenden Kaiser Xuanzong (713–756) erlebte China ein so genanntes Goldenes Zeitalter des Friedens, der Kultur und Gelehrsamkeit. Die Expansion der Tang entlang der Seidenstraße z. B. die Schlacht am Talas 751 gegen die Araber hatten höhere Steuern erforderlich gemacht und die Macht der inzwischen zu Berufssoldaten gewandelten Militärs in den Militärbezirken und im Landesinneren wesentlich erhöht. Die so genannten Jiedushi-Militärgouverneure kontrollierten letztlich die Zivilverwaltungen in ihrem Zuständigkeitsbereich, was den Verfall der Dynastie besonders durch die vorgeblich 36 Millionen Tote fordernde, von dem turkstämmigen Militärgouverneur An-Lushan- (*703 † 767) gleichnamige Rebellion (1755–763) herbeiführte. Uiguren und Tibeter gewannen durch den Zerfall der Tang-Herrschaft an Macht und Einfluss. Der Aufstand des HuangChao (876–884), der zuerst die Südprovinzen um Kanton (879) verheerte und sich dann gegen den Norden wandte, brachte die Tang-Dynastie endgültig zu Fall. Bedeutende Entdeckungen wie Streichhölzer um 577, der Buchdruck mit Stempel um 600, den Kometenschweif um 635, Diabetis mellitus um 640, Hartporzellan um 700 die tickende Wasseruhr um 725 ereigneten sich in dieser Zeit, die Binnenschifffahrt und der Bergbau mit bis zu 150 Bergwerken entwickelten sich sowie die Weberei mit ersten privaten Manufakturen. Durch die Kanalbauten der Sui mit ihren Umschlagplätzen und Speichern konnten vor allem Getreide, Reis und Seide verschifft werden. Der Reisanbau erlebte innerhalb eines Jahrhunderts eine Produktionssteigerung um das fünf- bis Zehnfache. Steuergesetze (619) und eine gleichmäßige Feldverteilung (624) sicherten längere Zeit das Überleben der Kleinbauern. Auch Beamte erhielten so genanntes Dienstland, das sie durch wandernde Bauern als Pächter bewirtschaften ließen. Höhergestellte konnten aber das System untergraben und so Grundbesitz ansammeln, wodurch die Steuereinnahmen sanken. Deshalb führte der Staat wieder Monopole an Salz (758), Alkohol (782) und Tee (793) ein, um Einnahmen unabhängiger von politischen Lagen erzielen zu können. Eine Steuerreform zwischen 769 und 780 ersetzte die traditionelle Besteuerung nach pro Kopf durch Steuern nach Grundbesitz und Ernte. Ab dem Jahr 806 galten ähnlich dem arabischen Kalifat Wechsel als Zahlungsmöglichkeit. Dadurch blühte auch der Schwarzhandel auf und eine damit einhergehende Bandentätigkeit, die letztlich auch den Huang Chao Aufstand auslöste. Die wachsende Bedeutung des privaten Eigentums an Produktionsmitteln und des Handels sowie das Verschwinden der Leibeigenschaft begünstigte frühe Formen von Kapitalverwertung, obwohl die Staatsbürokratie weiterhin politische Rechte über die Produzenten ausübte.

Fünf Dynastien und zehn Reiche (907–960)

 

Durch die Machtverschiebung am Ende der Tang-Zeit weg von der kaiserlichen Zentralgewalt hin zu regionalen Militärgouverneuren (Jidushi) und durch die Verheerungen der Huang-Chao-Rebellion kam es zu einer großen territorialen Zersplitterung in fünf Dynastien und mehr als zehn Reichen, in denen vor allem die lokalen Militärmachthaber unabhängig walten konnten. Im Norden gründete das ursprüngliche Mitglied der Rebellenarmee des Huang-Chao und später die Seiten wechselnde Zhu Wen (*852– †912) die Spätere Liang-Dynastie (907–923), nachdem er den Tang-Kaiser Zhaozong ermorden ließ. Zhu Wens Rivale Li Cunxu überwand einen anderen Rivalen Liu Shouguang und erklärte sich selbst 923 zum Kaiser der SpäterenTang-Dynastie (923–936). 925 eroberte Li Cunxu das Gebiet der früheren Shu im Süden Chinas, in der Provinz Sichuan, die knapp zehn Jahre später wieder unabhängig wurde. 936 rebellierte der spätere Kaiser und Begründer der Späteren Jin-Dynastie, der Kriegsherr (Jiedushi) Shi Jingtang (936–942) in Taiyuan mit Hilfe des Khitan-Kaisers der Mandschurei, der 943 selbst die Macht in China an sich riss und bis in die Hauptstadt Kaifeng vordrang, um sich bald darauf aus China wieder zurückzuziehen. Der Jiedushi Liu Zhiyuan (947–951) füllte das Machtvakuum und gründete die kurzlebige Spätere Han-Dynastei , die der Begründer Späteren Zhou-Dynastie (951–960)durch einen Putsch951 zu Fall brachte . Dessen Sohn Chai Rong (951–959) konnte durch siegreiche Kämpfe vor allem gegen die Streitmacht der Khitan verlorengegangene Gebiete wieder zurückerobern . Der Süden Chinas bliebim 10. Jahrhundert von einem schnellen Wechsel der Dynastien verschont, dafür bestanden unterschiedliche, sich bekriegende Reiche nebeneinander auf verschiedenen abgegrenzten Territorien. Das Reich Wu lag in den heutigen Provinzen Jiangsu, Anhui, und Jiangxi, das Reich Wuyue in der heutigen Provinz Zhejiang, Min in Fujiang, das Südliche Han in Guangdong, Chu in Hunan, Jingnanin in Jiangling, die Provinz Hubei und das Frühe Shu im heutigen Sichuan, das 925 unter die Kontrolle des Nordens geriet, dann aber als Spätes Shu wieder seine Unabhängigkeit zurückerlangte. Zuerst führte Wu mit allen Nachbarn Krieg, um dann vom Südlichen Tang 937 erobert zu werden, die sich 940 Min und Chu einverleibten und kurzeitig zum mächtigsten Regime in Südchina aufstiegen bis die Armee der Späten Zhou-Dynastie (951–960) den Südlichen Tang alle Gebiete nördlich des Jangsekiangs 956–958 wieder abjagte.

Song-Dynastie (960–1279)

General Zhao Kuangyin, auch Taizu genannt, (960–976) beendete durch einen Putsch die Zeit der Fünf Dynastien und Zehn Königreiche, gründete die Nördliche-Song-Dynastie (960–1126) mit der Hauptstadt Kaifeng und vereinte mit seinem Nachfolger Zhao Kuangyi, auch Taizong genannt, (976–997) China wieder. Zuvor hatte Taizu schon 963 die Militär- wieder der Zivilverwaltung unterstellt und das für die Tang-Dynastie so zerstörerische System der Militärgouverneure abgeschafft. Die dadurch entstandenen potentiellen Rivalen pensionierte er oder setzte sie auf zivile Posten. Große Teile Nordchina standen bei Song-Dynastiegründung unter der Herrschaft oder dem Einfluss der (proto-) mongolischen Kitan bzw. ähnlich stämmigen Liao-Dynastie (916–1125), die sich in mehreren Kriegen gegen die Song behaupteten und sie sogar wie auch gegenüber dem Tangutenreich , der westlichen Xia-Dynastie (1038–1226/27) tributpflichtig in Form von Silber- und Seide-Lieferungen machten. Das lag an der zwar großen, aber wenig schlagkräftigen Armee, die beispielsweise bei größeren Truppenverlegungen eine zusätzliche Armee von Gepäckträgern benötigte. China erlebte in der Song-Zeit eine Zeit großer wirtschaftlicher Blüte, was sich trotz der Einführung des Papiergeldes (1024) in der Verdoppelung der Münzprägungzeigte. Einen weiteren Meilenstein bei der Entwicklung der Militärtechnik stellte die Erfindung des Schwarzpulvers 1044 dar. Die Selbstversorgung der Regionen nahm zugunsten einer Spezialisierung auf bestimmte Produkte wie Eisenproduktion, Zuckeranbau, Reis- und Tee-Anbau und Verarbeitung zu, was den Binnenhandel förderte und die Städte durch Bevölkerungswachstum und Landflucht aufblühen und einen Reichtum entstehen ließ, der eine soziale Gesetzgebung und Wohlfahrt mit entsprechenden Einrichtungen wie dem 1089 entstandenen Amt für Altersheime oder 1102 das Krankenpflegeamt ermöglichten. Dieser Wohlstand des städtischen Bürgertums (Grundeigentümer und Kaufleute) förderte die Nachfrage nach Waren und Luxusgütern vielerlei Art. Mit der Zunahme des Block- und Buchdrucks nahm auch die Literatur auf vielen Gebieten wie Enzyklopädien, Technik, Medizin, Architektur, Religion, Reiseberichte über fremde Länder, Romane einen Aufschwung, öffentliche wie private Bibliotheken und Schulen entstanden. Im 12. Jahrhundert arbeiteten in staatlich geführten Manufakturen bis zu 7000 Arbeitskräfte, die vorrangig den staatlichen Manufakturen zuarbeitenden, in Privatbesitz befindlichen Manufakturen wie beispielsweise Ziegelbrennereien oder in der Lack- und Porzellanherstellung durften bis zu 1200 Arbeitskräfte beschäftigen. Im Verlagssystem tätige, also von einem Verleger abhängige Handwerksbetriebe besaßen bis zu 40 Lohnarbeiter, wobei Zünfte und allgemein Stiftungen die Arbeitsvermittlung regelten, und Verantwortung für Waisenheime, diverse Wohlfahrtseinrichtungen und Feuerwehren trugen. In den Häfen regelten Maklerbüros und Hafenarbeitergilden die Abwicklung der Geschäfte und die Arbeitsbedingungen.Die Zentralmacht griff jedoch bremsend ein, wenn private Manufakturen zu viel Kapital anzuhäufen und damit zu groß oder zu einflussreich zu werden drohten. Das verhinderte eine zu starke und folgenreiche ursprüngliche Anhäufung von Kapital. Für den großen Bevölkerungsanstieg hatten bedeutende Verbesserungen in der landwirtschaftlichen Produktion wie das Erschließen neuer Nutzflächen durch Terrassierung und Bewässerungsanlagen und die durch den Einsatz von Düngemitteln möglich gewordenen mehreren Ernten innerhalb eines Jahres sowie die Züchtung neuer Reis- und Weizensorten gesorgt. Auch außenwirtschaftlich mischte China durch die in diese Zeit fallenden Anfänge einer eigenen Hochseeschifffahrt beim bisher hauptsächlich von Muslimen organisierten Überseehandel mit. Während der Großgrundbesitz im Norden Chinas nie richtig wegen häufiger sich auch immer vorrangig gegen Großgrundbesitzer richtender Unruhen und Aufständen Raum greifen konnte, wodurch der freie Bauernstand erhalten blieb, nahm er zulasten der immer mehr in den Ruin getriebenen freien Bauern im Süden ab dem 12. Jahrhundert ständig zu und mit ihm wuchs der politische Einfluss der Großgrundbesitzer auf das kaiserliche Beamtentum. Das lag an der Steuergesetzgebung, nach der die Zentralmacht für jeden Distrikt eine Steuerquote festgelegt hatte, die Großgrundbesitzer jedoch die an den Kaiser abzuführenden Steuern von ihren Pächtern bis zur Hälfte jeder Ernte erst einmal einkassierten, wovon sie das meiste steuerhinterziehend für sich behielten und der fehlende Rest des Steuersolls die freien, aber armen Bauern aufbringen mussten, was massenhaft deren Ruin herbeiführte. Selbst die Großgrundbesitzer differenzierten sich in dieser Zeit in größere, eng mit dem Großhandel verflochtene mit politischem Einfluss, die mit Land und sogar Geld spekulierten und kleinere, von ersteren abhängige, nicht politisch aktive Landbesitzer. Die gehobene Beamtenschaft rekrutierte sich in der Song-Zeit fast ausschließlich aus der Schicht der ohnehin schon mächtigen Großgrundbesitzer. Einerseits schwand so der Einfluss des Kaisers zugunsten des jeweiligen Kanzlers, andererseits stieg die Machtfülle der Zentralregierung bezüglich der Anzahl und Verbreitung der Behörden so stark wie noch nie. Es gab Verwaltungen wie Wirtschaft und Finanzen mit Ämter für Staatsmonopole, Budget und Bevölkerung, eine Heeresverwaltung und ein Sekretariat mit einer Gerichts- und Personalverwaltung und unabhängige Ämter für Beschwerden und Anregungen seitens der Beamten oder Bevölkerung. Beamte erhielten 80 Urlaubstage, die Hälfte und mehr als Pension und Landbesitz als steuerfreien Gehaltszuschlag. Ab 1065 wurden Beamtenprüfungen auf drei Ebenen, in der Präfektur, in der Hauptstadt und vor dem Kaiser, alle drei Jahre zur Pflicht. Zu den Prüfgebieten zählten: Allgemeinbildung, Schrift und Schriftstücke, Recht, Mathematik, Militär und wie immer die Klassiker. Unter Kaiser Shengzong (1067–1085 führte der Dichter, Philosoph und Kanzler Wang Anshi ( * 1021; † 1086) Reformen zugunsten kleiner, häufig zu Frondiensten verpflichteter Bauern und Handwerker ein, die sein konservativer Nachfolger Sima Guang (* 1019; † 1086) 1078 wieder rückgängig machte, dann aber 1093 von den nachfolgenden Wang Parteigängern wie dem Kanzler Cai Jing (1046–1126) unter dem Kaiser Huizong (*1082; † 1135) wieder eingeführt wurden. Nachdem die (proto-) mongolischen Jurchen nach der Eroberung von Kaifeng Kaiser Huizong 1126 mit seinen Söhnen in die Mandschurei entführt hatten, konnte Prinz Gaozong (1127–1162) fliehen und die südlicheSong-Dynastie gründen. Die Song wurden gegenüber den Jurchen im Norden tributpflichtig, ein Versuch der Jurchen aber, 1161 gegen Südchina zu marschieren, scheiterte an der eine Flotte von Schaufelradbooten auf dem Jangsekiang und seinen Nebenflüssen und kanonenähnliche Gas- und Explosivwaffen einsetzenden kaiserlichen Armee. Veruntreuungen, Steuerhinterziehungen der Großgrundbesitzer, Vetternwirtschaft in der Mandarin (Gelehrte, Richter, Beamte)-Verwaltung, die sich verschärfende soziale Lage der gescheiterten Kleinbauern in den als Zuflucht dienenden Ackerbauzentren führten zu Zahlungsschwierigkeiten des Schatzamtes und deshalb zu Zwangsmaßnahmen des intriganten, aus kleineren Verhältnissen stammenden Kanzlers JiaSidao (1213–1275), wie der Beschränkung des Großgrundbesitzes auf 27 Hektar und der Einziehung des überschüssigen Landes zwecks Weiterverkaufs zur Deckung der Steuerausfälle und Kriegskosten. Die Auseinandersetzungen darum untergruben in der Zentralverwaltung und im Staatsrat die Amtstreue der Beamtenschaft und Militärs, was den Untergang der Südlichen Song-Dynastie ab dem Jahre 1273 durch die Mongolenstürme begünstigte. Die Mongolen hatten schon ab 1271 ihre Herrschaft über Nordchina mit der Hauptstadt Peking eingerichtet und in der siegreichen Schlacht von Yamen 1279 die Südliche Song-Dynastie beendet und die mongolische Yuan-Dynastie (1279–1368) an ihre Stelle gesetzt.

 Rudolf Reddig

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