Der mit der industriellen Revolution einhergehende weit verbreitete Glauben an die Segnungen des technischen Fortschritts und damit verbundener Produktivitätszuwächse scheint bis heute ungebrochen. Er erhielt seit dem digitalen Zeitalter sogar neue Impulse. So meinen beispielsweise Anhänger eines bedingungslosen Grundeinkommens, dass die auf fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung fußenden Produktivitätszuwächse schon jetzt einen solchen Reichtum erzeugen, der die Menschen von knechtischer und entfremdeter Arbeit zu befreien vermag und ihnen durch Umverteilung ein auskömmliches Grundeinkommen ermöglichen könnte. Die Frage, was diesen Produktivitätsfortschritt energetisch befeuert, bleibt dabei unterbelichtet.
Leider interessieren sich noch zu wenige Leute für die Risiken und Nebenwirkungen der Nutzung der bis heute überwiegend erschöpflichen Energieträger, die diesen Fortschritt antreiben? Die Frage aber, woher die Energieträger für diese Antriebe stammen, entscheidet zunehmend über Sein oder Nichtsein der Gattung Mensch auf diesem Planeten. In sehr lesenwerter und nachvollziehbarer Weise versucht der Soziologe, Ökonom und Publizist (bisher 17 Buchveröffentlichungen) Jeremy Riffkin sich dieser Problematik in seinem im Jahre 2002 erschienenen Buch „Die H 2 -Revolution. Mit neuer Energie für eine gerechte Weltwirtschaft.“, zu nähern.
Der von Verfechtern neufreiheitlicher Wirtschafts- und Gesellschaftskonzepte in den USA scharf angegriffene und als Luddist (Maschinenstürmer) verunglimpfte Wissenschaftler und Politikberater unterrichtet an der Wharton School der Universität von Pennsylvania. Der Gründer und Vorsitzende der in Washington DC ansässigen Foundation on Economic Trends (FOET) agiert nicht, wie dümmlich von neoliberalen Wollenschaftlern unterstellt, als Technikfeind, sondern als jemand, der für eine umwelt- und sozialgerechte Energieträgernutzung streitet.
Er zeigt anhand sachthematischer und geschichtlicher Beispiele die Vor- und Nachteile der bisherigen Energieträgernutzung auf und versucht damit, einen geistigen Klimawandel zu befördern, ohne den die nötige Anpassung an die Herausforderungen des Klimawandels nicht stattfinden kann. Nach Rifkin wird der Wandel von der Nutzung erschöpflicher zu erneuerbaren Energieträgern ähnlich wie die industrielle Revolution von vor 150 Jahren alle gesellschaftlichen Verhältnisse grundlegend umwälzen, weswegen es darauf ankommt, diesen Umwälzungsprozess sozial abzufedern. Der nachfolgende zusammenfassende Auszug soll helfen, vor allem junge Leuten zum Lesen besonders dieses Buches anzuregen und damit dem geistigen Klimawandel Vorschub zu leisten.
Öl für Essen
Die Landwirtschaft liefert die wichtigste Energie mit der auch die Industriegesellschaft den Zustand fernab des Gleichgewichts aufrechterhält. Die moderne Landwirtschaft hängt fast ausschließlich vom Öl ab. Wird dieses Öl rar, teuer und schwer beschaffbar, sind davon alle Lebensbereiche betroffen.
Alle Branchen hängen in letzter Linie von den gegenwärtigen Überschüssen der modernen Landwirtschaft ab. Die sprunghaft gestiegene Produktivität setzte viele Arbeitskräfte frei und die Abwanderung der bäuerlichen Bevölkerung im 20. Jahrhundert ermöglichte die Fabriken und später die Dienstleistungs- und Informationsunternehmen. Ein halbes Jahrhundert lang hat die Landwirtschaft Massenware zu relativ niedrigen und stabilen Preisen auf den Markt geworfen. Aber das könnte sich nach dem Fördermaximum bei der Erdölproduktion mit drastischen Preiserhöhungen über Nacht ändern.
Derzeit fließen 4 Prozent des Energieverbrauchs der Vereinigten Staaten in die Landwirtschaft, und weitere 10 bis 13 Prozent werden für Transport, Verarbeitung, Verpackung und Auslieferung an die Supermärkte benötigt. Bis zu 17 Prozent der Gesamtenergie wird demnach in den USA für den Energieschub auf dem Teller verwandt.
Aus Sicht der Anthropologen ist die stark gestiegene Produktivität der Landwirtschaft eine herausragende Leistung der Moderne. Der Erfolg verdankt sich der Ablösung von Menschen durch Maschinen – die ohne Treibstoff stillstehen – und dem wachsenden Einsatz petrochemisch hergestellter Düngemittel und Pestizide.
1892 konstruierte John Froehlich den ersten Benzin-Traktor. 1910 tuckerten rund 25 000 Traktoren über amerikanische Felder. Der Traktorenumsatz stieg mit Henry Fords „Fordson“, ein zuverlässiges preiswertes Modell. (26) Am Vorabend des Ersten Weltkrieges nutzten US-Farmer 1,6 Millionen Traktoren, 1960 lag die zahl bei 4,7 Millionen. (27) Auch Lastwagen wurden immer beliebter. 1915 beschränkte sich ihre Zahl in der amerikanischen Landwirtschaft auf 25 000 Trucks, 1980 waren es 3,5 Millionen. (28) Der Benzinmotor, der Traktoren, Trucks und Erntemaschinen antrieb, löste menschliche Arbeitskraft und Pferd und Ochs und Esel ab.
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Bildquelle 1: Bauern bei der Ernte von Gerste 1943
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Bildquelle 2: Haferernte mit Erntemaschine 1974 |
Dem Siegeszug der Mechaniker durch die Dörfer folgte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Siegeszug der Chemie. 1950 wurden 12,7 Millionen petrochemisch hergestellte Tonnen anorganische Stickstoffdünger auf amerikanischen Feldern ausgebracht, 1989 waren es 130 Millionen Tonnen. (29) Bis 1986 stieg der Einsatz von Pestiziden, die aus Erdöl entstehen, auf 5,8 Milliarden Tonnen – 1950 betrug die Zahl gerade einmal 87 000 Kilogramm. (30)
Mechanisierung, Stickstoffdünger und Pestizide potenzieren im Verbund mit neuen Zuchtmethoden, Monokulturen und ertragreichen Sorten die Erträge der Landwirtschaft und senken gleichzeitig die Zahl der benötigten Arbeitskräfte. 1850 arbeiteten in der US- Landwirtschaft 60 Prozent der dortigen Erwerbstätigen. Heute bestellen weniger als 2,7 Prozent Erwerbstätige die Getreidefelder, bauen Gemüse und Obst an und hüten Vieh. (31) Parallel dazu explodieren die Erträge. 1850 erzeugte ein Bauer Nahrung für vier Menschen. Heute ernährt ein Farmer 78 Menschen. (32) Die landwirtschaftliche Produktion wuchs in den vierziger Jahren um 25 Prozent, in den Fünfzigern um 20 Prozent, um weitere 17 Prozent in den Siebzigern und um über 28 Prozent in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts. (33) Die Ertrags- und Produktionszuwächse waren von einem fortgesetzten Anstieg der benötigten Erdölmenge begleitet. Thermodynamisch betrachtet zählt die moderne Landwirtschaft zur ineffektivsten der gesamten Menschheitsgeschichte. Das Verhältnis von aufgewendeter und erzeugter Energie ist anders ausgedrückt schlechter als in irgendeiner vorangegangenen Epoche.
Ein traditionell wirtschaftender Bauer muss eine Kalorie aufwenden, um ungefähr zehn Kalorien zu produzieren. Ein Farmer aus Iowa kann mit einer Kalorie aus menschlicher Arbeit sowie seinen Hightech-Maschinen und -Pflanzen zwar 6 000 Kalorien erzeugen, aber die Zahl verliert an Glanz, wenn man die Gesamtenergie hinzurechnet. Um eine Dose Mais mit 270 Kalorien zu erzeugen wendet der Iowa-Farmer bis zu 2790 Kalorien in Form von Treibstoff, synthetischen Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln auf. Das Verhältnis hat sich gegenüber einem nicht-mechanisierten Kollegen praktisch umgekehrt. Für jede Kalorie werden zehn Kalorien verbraucht. (34)
Der beschleunigte Entropiefluss bewirkt zudem eine Zunahme der Entropie in der Umwelt. Intensive Bewirtschaftung bewirkte Erschöpfung und Erodierung der Erde. Höhere Ertrage konnten nur noch mit größerem Düngemitteleinsatz erzielt werden. Dadurch sickerte immer mehr Nitrat von den gedüngten Feldern ins Grundwasser und bewirkt zur Hälfte die zunehmende Wasserverschmutzung und zu zwei Dritteln die Umweltverschmutzung mit Feststoffen.
Die Praxis, riesige Felder mit nur einer Feldfrucht zu bestellen, ermöglichte zwar die Massenproduktion und sorgte für gute Gewinne, verlangte aber gleichzeitig den Einsatz immer größerer Mengen von Schädlingsbekämpfungsmitteln. Die herkömmliche Landwirtschaft setzte dagegen auf den Anbau verschiedener Feldfrüchte, die verschiedene Insekten anziehen, unter denen sich normalerweise auch natürliche Fressfeinde der Schädlinge befinden. In den Monokulturen können solche nützlichen Insekten nicht gedeihen, die Pflanzen werden anfälliger und kümmern ohne den Einsatz von Pestiziden dahin. Ein großer Teil der versprühten Mittel versickert jedoch im Erdreich. Schädlingsbekämpfungsmittel gehören in allen großräumig genutzten Ackerflächen der Welt zu den wichtigsten Verursachern von Wasserverschmutzung.
Pestizide zerstören zudem die noch nicht erodierte Erde. Der Boden beherbergt Millionen kleinster Bakterien, Pilze Algen und Einzeller sowie Würmer und Gliederfüßler. Sie erhalten die Fruchtbarkeit und die Bodenstruktur, werden jedoch von der chemischen Keule mit erschlagen. Sind ihre komplexen Lebensräume zerstört, beschleunigt sich die Erosion der Böden, was zu ihrer noch schnelleren Erschöpfung führt. Jährlich tragen Wind und Wetter 4 Milliarden Tonnen Muttererde fort. Der größte Teil dieses Verlustes geht auf das Konto der vor einem halben Jahrhundert eingeführten modernen Hightechmethoden. In den siebziger Jahren war über ein Drittel der oberen fruchtbaren Erdschicht in den USA weggeblasen oder fortgeschwemmt. (37)
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Bildquelle 3:
starke Bodenerosion eines Kornfeldes nahe Washington 2005 |
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Bildquelle 4:
Humusverlust in der Kornkammer der USA, den Great Plains |
Es handelt sich um einen Teufelskreis, weil auf den schon erschöpften Boden immer noch mehr Dünger aufgebracht wird. Die Bilanz verschlechtert sich zusehends, weil für gleich bleibende Erträge immer mehr Energie aufgewendet werden muss. Zwischen 1945 und 1970 stieg der Energieverbrauch der US-amerikanischen Maisfarmer um 400 Prozent, die Erträge jedoch nur um 138 Prozent. Das heißt, in den zwei Nachkriegsjahrzehnten mit intensiver, von Erdölproduktion abhängiger Landwirtschaft stieg der Verbrauch erschöpflicher Energieträger um 70 Prozent, die Erträge aber nur um 30 Prozent. (38) Außerdem trägt die energieintensive Landwirtschaft erheblich zum weltweiten Klimaanstieg bei. Ihre Maschinen verbrennen massenhaft Treibstoffe und produzieren damit Kohlendioxid und bei der Verwendung von Chemiedüngern entsteht das Treibhausgas Stickoxydul (das Lachgas).
Die moderne Landwirtschaft benötigt zudem hohe Investitionen, was die meisten Familienbetriebe zur Aufgabe zwang. Der Bauernhof von heute rentiert sich nur noch mit Massenproduktion und dementsprechend großem Kapitaleinsatz. 38 Prozent der US-amerikanischen Agrarproduktion stammen von weniger als 32 000 Großbetrieben. (39)
Die chemische Revolution fand nach 1960 ihren Weg über die Grenzen von Europa und den USA hinaus und die so genannte grüne Revolution begann. Die Bevölkerung in Asien wuchs unaufhörlich, aber die nutzbare landwirtschaftliche Fläche konnte nicht unendlich weiter ausgedehnt werden. Um die Ernährung trotzdem zu gewährleisten entwickelten die Wissenschaftler extrem ertragreiche Weizen- und Reissorten, die viel größere Ernten je Hektar erlauben. Mit den neuen Sorten verdoppelten beispielsweise Indien und Pakistan ihre Erzeugung in weniger als zehn Jahren, was aber den Preis der Verwendung exzessiver Chemie und Pestizide kostete. Auch hier kamen überwiegend für den Export und weniger für den heimischen Verzehr bestimmte Monokulturen zum Einsatz. Dies trieb die Kapitalkosten in die Höhe und verdrängte die Subistenzwirtschaft. Riesige Plantagen verdrängten viele kleine Felder. Überall in der so genannten dritten Welt blieb den verarmten Bauern nichts anderes übrig, als in den Städten ihr zweifelhaftes Glück zu suchen. Die meisten von ihnen endeten in Slums oder fristen ein äußerst kärgliches Sozialhilfedasein, soweit überhaupt vorhanden.
Die Öl-abhängige weltweite Infrastruktur des Landwirtschaftssektors konnte in kurzer Zeit die Erträge enorm steigern, Nahrung für eine stark angewachsene Weltbevölkerung bereitgestellt und das Verhältnis von Stadt- und Landbevölkerung völlig zugunsten der Städter verschoben. Wie kann aber die Ernährung einer weiter wachsenden Bevölkerung künftig sichergestellt werden, wenn das Öl künftig in sinkenden mengen gefördert und sich damit erheblich verteuern wird? Schon jetzt existiert weltweit massenhafte Unterernährung. Eine Milliarde Menschen leiden Hunger, obwohl wir noch in Erdöl – und Milchseen – schwimmen. (40) Die Folgen steigender Ölpreise kennen viele jetzt schon.
Die neue Lösung von Unternehmen, die „Life Science“ in ihre Aufgabenbeschreibung aufgenommen haben, lautet genetisch veränderte Pflanzen. Aber auch hier kommen große Energiemengen zum Einsatz und viel Chemiedünger. Bisher schlugen alle Versuche mit Pflanzen vom Reißbrett fehl, ihren Stickstoff aus der Luft statt aus dem Boden zu holen. Auch blieben die Versuchsergebnisse in Bezug auf die Ertragskraft widersprüchlich. Es besteht ebenfalls wenig Hoffnung, über die 11 Prozent landwirtschaftlich genutzter Ackerflächen hinaus neue Anbauflächen urbar zu machen. (41)
Um Ackerland zu gewinnen, fangen die Menschen aus lauter Verzweiflung seit längerem an, die letzten Urwaldbestände zu roden. Das führt beispielsweise im Amazonasgebiet zur Vernichtung des Lebensraums vieler Tier- und Pflanzenarten und trägt damit zur biologischen Verarmung unseres Planeten bei. Wegen der Nährstoffarmut des Bodens unter dem Regenwald, trüge er dort eh nur wenige Ernten. Brachland und Erosion wären die Folge. Land, das weder Mensch noch größeren Tier- und Pflanzenarten eine Heimat bieten könnte.
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Bildquelle 5: Slums im indischen Mumbai im Jahre 2008 |
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Bildquelle 6: Abholzung des Regenwaldes in Indonesien |
Als reichte diese Aufzählung nicht schon, wird noch auf einem Drittel des Ackerlandes Viehfutter gezogen. Rinderzucht und -haltung gehört zu den energiereichsten Zweigen der Landwirtschaft. Für ein knappes Pfund Rindfleisch wendet man soviel Energie auf, wie in 4,5 Liter Benzin enthalten ist. (42) Der Rindfleischverbrauch einer vierköpfigen US-amerikanischen Durchschnittsfamilie pro Jahr schluckt gut 1150 Liter Erdöl, bei deren Verbrennung ebensoviel CO 2 freigesetzt wird, wie das Durchschnittsauto dieser Familie innerhalb eines Jahres in die Luft pustet – 2,3 Tonnen. (43)
Würden die Vielfleischesser in den USA und Europa öfter mal auf Fleisch verzichten und mehr Gemüse essen, bedeutete dies eine Freisetzung von wertvollen Farmlandes für die Ernährung von Millionen Menschen. Eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten in den so genannten entwickelten Ländern bliebe ein Tropfen auf einem heißen Stein, würde man es verabsäumen, eine Landreform und andere strukturelle Veränderungen auf der Südhalbkugel herbeizuführen. Nur sie verschaffte der ärmeren Bevölkerung ein Auskommen.
Regierungen, Wirtschaftsmenschen und Verbraucher fürchten hauptsächlich Schlangen an den Tankstellen, wenn das Erdöl knapper würde. Bedeutend ernster wäre ein unermesslicher Anstieg der Lebensmittelpreise während der Talfahrt auf der Hubbert-Kurve, von dem wir in 2008 eine erste Kostprobe erhielten. Hunderte von Millionen, vielleicht sogar Milliarden Menschen könnten dann vielleicht nichts mehr zum Essen kaufen. Für Autos gibt es schon Ersatztreibstoffe. Chemische Dünger lassen sich hingegen bisher nur aus Erdöl erzeugen. Jeder Liter, den wir heute auf den Straßen verbrennen, fehlt für die Ernährung der Menschen. Wenn ein Auto zehn Liter Benzin auf 100 Kilometer verbraucht, verfährt es ungefähr alle zehn Kilometer genug Treibstoff, um dafür ein Laib Brot zu backen. (44) In einigen Jahren muss die Menschheit sich zwischen Mobilität und vollen Mägen entscheiden. Dieser Gesichtspunkt spielt in den Diskussionen über die Zukunft des Kohlenwasserstoffzeitalters und des Erdöls komischerweise keine Rolle. Darüber list und hört man wenig.
Der Aufschwung erschöpflicher Energieträger führte in den letzten 150 Jahren zu einer wahren Bevölkerungsexplosion. Vom Auftauchen des ersten Menschen vor etwa 2 Millionen Jahre brauchte es bis 1825, um die Zahl von einer Milliarde zu erreichen. Die industrielle Revolution mit ihrem steilen Anstieg des Energiedurchflusses verdoppelte sich die Menschheit innerhalb eines Jahrhunderts. Für die nächste Milliarde reichte parallel zur Ölära der Zeitraum von 1925 bis 1960. In den darauf folgenden 15 Jahren stieg die Zahl auf 4 Milliarden, 12 Jahre später, im Jahre 1987, lebten 5 Milliarden, (2011 sind es inzwischen 7 Milliarden Menschen – R. R.) auf der Erde. (45)
Mehr Menschen bilden dank besserer Ernährung und sanitärer Verhältnisse eine positive Rückkopplungsschleife. Das führt zu komplexeren Gesellschaftsordnungen, die noch größere Energiespeicher anzapfen müssen, um die Organisationsstruktur aufrechterhalten zu können. Am Nationalstaat kann man die Abläufe des Energieflusses bestens vorführen. Eisenbahn und Telegrafie vergrößerten die Reichweite von Handel und Industrie. Ihr langer Arm sorgte für eine neue politische Einheit, den Nationalstaat, der seinerseits bürokratische Strukturen aufbaut, um entfernt liegende Ressourcen zu sichern und die Mobilisierung von Arbeitskräften sowie die Koordination von Massenabsatzmärkten in sinnvolle Bahnen zu lenken.
Der Sozialhistoriker Charles Tilly geht von über 500 Stadtstaaten, Fürstentümer und Königreiche im Europa des 16. Jahrhunderts aus. 1975 betrug ihre Zahl nur noch 35. (46) Zurzeit wächst Europa vom Atlantik bis zur Grenze der ehemaligen Sowjetunion dank schnellerer Land- und Luftverbindungen und blitzschneller Kommunikationsmittel sowie dank der Einheitswährung Euro noch enger zusammen.
Noch deutlicher entwickeln sich die urbanen Ballungsräume. Im antiken Babylon lebten etwa 100 000 Leute, Athen zählte weniger als 50 000 Bewohner. Im Jahre 1820 überschritt London die Millionengrenze als erste Stadt im fossilen Brennstoffzeitalter. Noch 100 Jahre später zählten nur 11 Metropolen die gleiche Einwohnerzahl. 1950 stieg ihre Zahl schon auf 75 und 1976 stieg die Zahl der Millionenstädte auf 191. (47) Nunmehr trifft man städtische Großzentren auf allen Weltkontinenten mit 10 und 25 Millionen Einwohnern. (48)
Noch vor 200 Jahren lebte die Mehrheit der Menschen auf dem Land, in Kleinstädten oder Dörfern. Die Städte und Vorstädte saugen große Energiemengen aus ihrem Umland ab. Nahrung, Energie, Wasser und Baumaterial müssen herangeschaffte werden, um sie zu bauen und am Leben zu erhalten.
(26) David Goodmann et al., From Farming to Biotechnology: A Theorie of Agro-Industrial Development. New York 1987, S.25
(27) William Cochrane, Development of American Agriculture: A historical Analysis. Second Edition. Minneapolis: University og Minnesota Press, 1993, S. 126
(28) Ebenda, S. 197
(29) Lester R. Brown et al., State of the World 1990. Washington DC: Worldwatch Institute, New York: W.W. Noron, 1990, S. 67
(30) “Pesticide Industry/ Sales and Usage: 1986 Market Estimates”, Economic Analysis Branch, Benefits and Use Division, Office of Pesticides Programs, Environmental Protection Agaency, 1987
(31) “Why Job Growth Is Stalled”, in: Fortune. 08.03.1993, S. 52
(32) “The Mechanization of Agriculture”, in: Scientific American. 1982, S. 77
(33) Cochrane, Development of American Agriculture, S. 137 and S. 158f.
(34) Peter Farb, Humankind. Boston: Houghton Mifflin, 1978, S. 181f.
(37) Wilson Clark, Energy for Surcival. Garden City, NY: Dubleday/Anchor Books 1975, S. 170
(38) Ponting, A Green History of the World, S. 292
(39) Don A. Reimund und Judith Z. Kalbacher, Characteristics of Large-Scale Farms, 1987. Washington DC: USDA Economic Research Service, 1993, S. iii
(40) The Developing World´s New Burden: Obesity. Food and Agriculture Organizations of the United Nation. 2002. http://www.fao.org/FOCUS/E/obesity/obes1.htm
(41) Ponting, A Green History of the World. S. 404
(42) Halweil, Brian, “Worldwatch Press Briefing on the Global Trends in Meat Consumption.” Worldwatch Institute, 1998, http://www.worldwatch.org/alerts . Durning, Alan B., “Cost of Beef for Health and Habitat”, in: The Los Angeles Times, 2109.1986, S. 3
(43) Geht von einem fleischkonsum von ungefähr 30 Kilogramm pro Person und Jahr aus. Die Vergleiche zu den CO 2 -Emissionen stammen von Andrew Kimbrell, „ On the Road,“ in: Jeremy Rifkin (Hg.), The Green Lifestyle Handbook. New York 1990
(44) Beruht auf Daten von David Pimentel, Food, Energy and Society. College of Agriculture and Life Sciences and Division of Nutritional Sciences. Cornell University, Ithaca, NY., http://www.unu.edu/unupress/food/8F072e06/8Fo72E06.htm . Die Statistiken hat Steve Morninghunder vom Instituto de Fisica, Universidad Nacional Autonoma de Mexico berechnet.
(45) Ponting, A Green History of the World, S. 240
(46) Richard Newbold Adams, Energy and Structure: A Theory of Social Power. Austin, Texas: University of Texas Press, 1975, S. 266
(47) Kirkpatrick Sale, “The Polis Perplexity: An Inquiry into the size of Cities”, Working Papers, 1978, S. 66; Barbara Ward, The Home of Man. New York 1976, S. 4
(48) “Cities and the Forefront”, in: Population Reports. John Hopkins Universität 2001, http://www.jhuccp.org/pr/urbanpre.htm .
Bildquelle 1: Heuernte 1943, Bundesarchiv Bild 101I-468-1419-16A , Urheber: Büschgens, CC-BY-SA
Bildquelle 2: Haferernte 1974, Bundesarchiv Bild 183-N0820-0027 , Urheber: Benno Bartocha, CC-BY-SA
Bildquelle 3: Bodenerosion 2005, http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/7/7b/Erosion.jpg/220px-Erosion.jpg , Author: Jack Dykinga, gemeinfrei
Bildquelle 4: Humusverlust, http://www.diercke.de/bilder/omeda/800/0876E_2.jpg
Bildquelle 5: Slums in Mumbai, http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ef/Dharavi_slum%2C_Mumbai%2C_India_-_20081220.jpg , Urheber: erin from Evanston, CC-BY-SA 2.5
Bildquelle 6: Regenwaldabholzung, http://www.faszination-regenwald.de/bilder/info-center/abholzung_indonesien_1.jpg
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